Anders als gedacht!

Eine Kolumne von Tanja Kury-Rilling

Vor einiger Zeit stand ich im Supermarkt an der Kasse, etwas hinter mir ein Mann mit einer vollen Getränkekiste. Als ich meine Einkäufe im Korb verstaute, hörte ich, wie die Kassiererin den Mann fragte, ob er etwas vergessen habe. „Aha!“, kombinierte ich, der Mann hatte also schon zuvor eingekauft und bei der Kassiererin gezahlt und stand nun zum zweiten Mal an, hatte also offenbar noch etwas vergessen. Die Antwort des Mannes kam prompt, jedoch nicht wie von der Kassiererin und mir erwartet:“ Noi, i han nur zwoi Händ!“
Ich fand das so überraschend und witzig, dass mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf ging.
Zum Einen musste ich über die Kassiererin und mich selbst schmunzeln, dass wir beide ganz automatisch nur in eine bestimmte Richtung gedacht hatten: Ganz klar, der hat bestimmt etwas vergessen! Dabei war es ganz anders und wir hatten nur voreilige Schlüsse gezogen. Erwischt!
Wie nett, im Alltag unverhofft zum Schmunzeln gebracht zu werden.
Zum Anderen hat mich die Situation zum Nachdenken gebracht.
Natürlich waren unsere voreiligen Schlüsse in diesem Fall nicht schlimm. Doch häufig passiert es uns, dass wir auch in grundlegenderen Dingen voreilige und oft negative Schlüsse ziehen: Der Autofahrer, der uns vor der Nase reinfährt, ist sicher ein rücksichtsloser Raser, der uns bewusst ausgebremst hat, um selbst schneller ans Ziel zu kommen. Dabei ist es auch möglich, dass er seine kranke Frau im Krankenhaus besucht hat und noch ganz in Gedanken und Sorge bei seiner Frau ist oder uns aus anderen Gründen einfach nicht bemerkt hat. Anlass genug für mich, mir wieder mehr bewusst zu machen, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Und gelassener zu sein, wenn ich mich das nächste Mal über eine Situation ärgern will, denn vielleicht ist es ganz anders und es gibt überhaupt keinen Grund, mich zu ärgern.
Außerdem wurde mir bewusst: Wie oft im Leben meinen wir, alles auf einmal erledigen zu müssen? Aber nein, es geht auch anders! Warum nicht eine Sache, die uns vielleicht auf einmal überfordert, aufteilen in kleinere, gut lösbare Aufgaben? So kann der erste Teil als nun gut lösbare Aufgabe, hier der erste Teil des Einkaufs, in Ruhe erledigt werden. Danach ist Zeit und Kraft für den zweiten Teil, hier den Einkauf der schweren Getränkekiste. Ich muss nicht alles sofort erledigen und mich dabei vielleicht überfordern. Nein, ich darf meine Zeit und Kräfte einteilen. Ich muss nicht über meine Kräfte hinausgehen, aber auch nicht vor den Aufgaben resignieren. Wie heißt es doch so schön: Gott gibt mir die notwendige Kraft, die ich brauche, um mein Leben zu meistern. Von auf Teufel komm raus Bäume ausreißen war nie die Rede!

Ein Gedanke zu „Anders als gedacht!

  1. In einer Zeit des „Schneller, höher, weiter“ wäre mehr Gelassenheit sicher der bessere Weg ein Ziel zu erreichen, auch wenn Vielen dies nicht mehr einsichtig scheint und mancher merkt erst spät, dass der Mensch eben nicht „Multitasking“-fähig ist, sondern dass eine geordnete Reihenfolge der einfachere Weg ist.

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