Maria 2.0 nicht nur vor dem Kirchenraum: Gottesdienst zu „Maria 2.0“ in Heilig Geist in Reutlingen

Katholische Frauen treten in den Kirchenstreik

Mit der Aktion „Maria 2.0“ auf deren Plakaten eine Frauengestalt (Maria) mit zugeklebten Mund dargestellt ist, gehen bundesweit Frauen in Streik und protestieren damit gegen den Umgang der Amtskirche mit Missbrauch und mit den Rechten der Frauen in der katholischen Kirche.

Von Gerlinde Münch

Die sieben Aktivistinnen der Münsteraner Heilig-Kreuz-Gemeinde riefen dazu auf, in der Zeit vom 11. bis 18. Mai  keine Kirchen zu betreten und auch  keinen Dienst zu tun. In ihrem Aufruf hieß es: „Wir alle wissen, wie leer dann die Kirchen sein werden und wie viel Arbeit unerledigt bleiben wird. Wir bleiben draußen! Wir feiern die Gottesdienste auf den Kirchplätzen, vor den Kirchentüren.“

Nicht überall blieben die Frauen vor den Türen ihrer Kirchen. So auch in der Heilig Geist-Gemeinde Reutlingen. Mit einem besonderen Gottesdienst machten aber auch hier die Frauen ihrem Unmut Luft. Sie formulierten entsprechende Fürbitten und die Predigt von Pastoralreferentin Michaela Bans, mit Gedanken zur Weihe von Frauen in der katholischen Kirche, spricht für sich.

Fürbittgebet:

„Sende aus deinen Geist“ – Für eine Erneuerung der Kirche.
Einleitung:
Jesus Christus, du bist unser Bruder. Du kennst uns durch und durch. Du hast selbst als Mensch auf dieser Erde erlebt, wie oft wir scheitern. Wieviel Unfrieden herrscht. Deshalb bitten wir dich: Sende deinen Geist aus, wir brauchen dich.

Bitten:
Wir beten für alle Menschen – Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder-, die in dieser Kirche und durch Amtsträger und Mitglieder dieser Kirche Leid ertragen mussten und müssen:
Durch psychische und physische Gewalt.
Durch sexualisierte Gewalt.
Durch Machtmissbrauch.
Durch spirituellen Missbrauch.
Wir bitten dich, Herr Jesus Christus: Sende deinen Geist aus, wir brauchen dich.

Wir beten für alle Menschen, die in dieser Kirche Verantwortung auf den verschiedenen Ebenen tragen:
Für die, die weggeschaut haben und noch immer wegschauen, angesichts des Unrechts, das geschieht.
Für die, die sich an das Amt klammern und an die Tradition.
Für die, die den Aufbruch hin zu einer erneuerten Kirche wagen wollen und sich dafür einsetzen – gemeinsam mit vielen Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern.
Wir bitten dich, Herr Jesus Christus: Sende deinen Geist aus, wir brauchen dich.

Wir beten für alle Menschen – Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder – die in der Kirche darunter leiden, dass sie ausgegrenzt werden:
Weil sie eine neue Ehe eingegangen sind.
Weil sie einen Menschen gleichen Geschlechts lieben.
Weil sie offen eintreten für Veränderungen in der kirchlichen Lehre und im kirchlichen Leben.
Wir bitten dich, Herr Jesus Christus: Sende deinen Geist aus, wir brauchen dich.

Abschluss:
Jesus Christus, du bist Mensch geworden, um uns einen neuen Weg zum Leben aufzuzeigen. In Freiheit und Liebe sollen wir leben und können wir leben, weil du es uns ermöglichst. Und dennoch herrscht in dieser Kirche so viel Angst.
Hilf uns, im Dialog zu bleiben.
Hilf uns, miteinander nach dir zu suchen.

Nach dem Leben, das du allen Menschen versprochen hast. Hilf uns, nicht müde zu werden. Wir wollen als Getaufte mit dir und zu dir auf dem Weg sein und sind es – Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder.
Und so rufen wir Dir zum Abschluss noch einmal unsere Bitte zu: Sende deinen Geist aus, wir brauchen dich!

Amen.

Predigt von Michaela Bans mit Gedanken zur Weihe von Frauen in der katholischen Kirche

Wir kennen sie alle, die zwei typischen Argumente gegen die Frauenweihe:
1.  Jesus war ein Mann und 2. Jesus hat nur Männer zu seinen 12 Aposteln gewählt.
Und damit ist für viele das Thema auch schon durch.
Dabei sind diese Argumente alles andere als stichfest.
Hier einige Gedanken zu dem 1. Argument: Jesus war ein Mann. Richtig.
Er war aber auch Wanderprediger und hatte kein festes Dach über dem Kopf.
Er war beschnitten. Er war Jude. Er sprach aramäisch. Er war gelernter Zimmermann. Seine besten Freunde waren vor allem Fischer.
Er setzte sich an den letzten Platz und er wusch dreckige Füße …
Einige dieser Merkmale gelten bis heute für die Auswahl von Weiheämter, andere jedoch nicht. Niemand erwartet von Priestern, dass sie ohne festen Wohnsitz umherwandern. Eine Zimmermannslehre ist ebenfalls nicht Voraussetzung. Ebenso wenig die Beschneidung oder die Kenntnisse der aramäischen Sprache.
Also ist es doch überaus berechtigt zu fragen, ob das Geschlecht wirklich DAS wesentliche Merkmal für die priesterliche Nachfolge ist?
Hierzu gibt es jedenfalls in der Schrift keinen eindeutigen Beleg.
Schauen wir uns das 2. Argument an: Jesus hat nur Männer zu seinen 12 Aposteln gewählt.
Lassen wir den Theologen Hans Küng zu Wort kommen.
Schon vor über 40 Jahren schrieb er, dass das Leitungsamt davon abgeleitet wird, dass Jesus 12 Apostel eingesetzt hat.
Drei Eigenschaften zeichnen diesen Kreis aus:
1. Es sind alles Männer
2. Es sind zwölf
3. Es sind alle Juden.
Die Zahl 12 und die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk sind dabei von Jesus theologisch begründet worden.
Jesus ist zunächst davon ausgegangen, dass er nur zu seinem Volk, dem jüdischen Volk gesandt ist. Und so sollen es eben 12 sein, die auf die 12 Stämme des Volkes Israel hinweisen.
Für Jesus scheint zu diesem Zeitpunkt wichtig: Das Volk Gottes wird neu zusammen gerufen, der neue Bund Gottes mit seinem Volk steht bevor. Deshalb 12 und deshalb 12 Juden, entsprechend dem Alten Bund Gottes mit den 12 Stämmen Israels.
Hans Küng stellt fest: die Eigenschaft der Apostel, dass es 12 sind und das sie Juden sind, ist mit inhaltlichen Anliegen Jesu verbunden.
Das Geschlecht aber nicht.
Und dann kam der Wandel: Schon Jesus hat sich von der Zahl 12 und der Zugehörigkeit zum Judentum verabschiedet.
Jesus hat erkannt, dass er zu allen gerufen ist, die glauben, ohne Rücksicht auf die Herkunft. Er hatte Begegnungen mit Menschen – auch mit Frauen, die nicht jüdisch waren, die nicht zu den zwölf Stämmen Israels gehörten, die aber an ihn glaubten. Darauf kam es ihm nun an.
72 Jünger sendet er aus, zu allen Völkern sendet er sie.
Auch die Apostel haben in der jungen Kirche die Kriterien „zwölf“ und „Juden“ nicht mehr für wichtig erachtet. Und das Geschlecht?
Noch immer gibt es keine konkrete Aussage von Jesus. Aber er hat durchaus Taten sprechen lassen.
Es war Maria Magdalena, der er die größte Botschaft von allen anvertraute: Seine Auferstehung. Unsere Auferstehung. Sie ist nach dem Zeugnis der Evangelien die 1. Zeugin der Auferstehung Jesus.
Das ist keine Kleinigkeit. Das weist darauf hin, dass er großes Vertrauen und Zutrauen in sie hatte.
Und dann können wir noch an seiner Haltung Frauen gegenüber einiges ablesen: Es sind ihm viele Frauen gefolgt: Außer Maria Magdalena, Johanna, Suzanna, Maria und Marta, die Schwestern von Lazarus und Maria, die Mutter von Jakobus und Joses. Manche blieben namenlos, weil sie in dieser Gesellschaft keine wichtige Rolle spielten. Sie werden am Rande erwähnt. Aber sie folgten ihm. Hörten ihm zu. Standen am Kreuz –als seine Freunde bis auf Johannes aus Furcht weggelaufen sind.
Hieraus kann ich nicht ableiten, dass Frauen für Jesus nur Randgestalten waren. Im Gegenteil –Jesus hat Frauen sehr ernstgenommen, ganz entgegen dem Zeitgeist und der Kultur, der er angehörte.
Bruder Andreas Knapp hat dies in einem seiner Gedichte gut ins Wort gebracht, in dem er einige biblische Frauengestalten und ihre Verbindung zu Jesus aufzeigt:
frauenfragen Bruder Andreas Knapp
wenn eine frau
das WORT geboren hat
warum sollten frauen dann
das wort nicht von der kanzel künden
wenn eine frau
für ihr zuhören gelobt wird
warum sollten frauen dann
das gelernte nicht auch lehren
wenn eine frau
die füße jesu küsste
warum sollten frauen dann
den altar nicht küssen können
wenn eine frau
den leib christi salben konnte
warum sollten frauen dann
nicht zum salbungsdienst befähigt sein
wenn eine frau
jesu sinneswandlung durch ein brotwort wirkte
warum sollten frauen dann
bei der wandlung nicht das brotwort sprechen
wenn eine frau
von jesus krüge voller wein erbitten konnte
warum sollten frauen dann
über einen kelch mit wein nicht auch den segen sprechen
wenn eine frau
den jüngern als apostelin vorausging (Maria Magdalena)
warum sollten frauen dann
zur apostelnachfolge nicht auch gerufen sein
Für mich sind die gängigen Argumente keine schlüssigen Argumente.
Ich glaube, dass Frauen und Männer gemeinsam danach fragen und suchen müssen, was im Sinne Gottes ist. Dass wir zum gemeinsamen Dienst berufen sind.
Wir sollten nicht das männliche Geschlecht als das wesentliche Merkmal der Jünger-Nachfolge des Priestertums betrachten, zumal es uns Frauen von einem Weiheamt, von Mitbestimmungsmöglichkeiten und den Leitungsaufgaben in der Kirche trennt.
Wenn ich Jesus ernstnehme, dann sehe ich, dass es ihm immer um den Glauben der Menschen ging. „Dein Glaube hat dir geholfen“ das ist es, was er Menschen gesagt hat. Männern wie Frauen. Darauf kommt es ihm an.

3 Gedanken zu „Maria 2.0 nicht nur vor dem Kirchenraum: Gottesdienst zu „Maria 2.0“ in Heilig Geist in Reutlingen

  1. Liebe Martina, bleibe ermutigt, den Herrn, Deinen Gott, zu lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken und ebenso, Deinen Nächsten zu lieben wie Dich selbst. Lass Dich nicht entmutigen durch die Unbarmherzigen. Du weißt, es sind viele in Deiner Situation und es ist Jesus selbst, der uns zuspricht, ihm zu folgen. Es ist gut, dass Du Dich weiterhin in der Kirchengemeinde engagierst und nicht, wie so viele andere, der Kirche den Rücken kehrst. Ich wünsche Dir, dass in Deiner Kirchengemeinde der „Weg der Unterscheidung“ gegangen wird, den Papst Franziskus in seiner Klarstellung zu seinem Schreiben „Amoris Laetitia“ ausdrücklich offen gelassen hat und Du als Wiederverheiratete Geschiedene an den Sakramenten der Versöhnung und Eucharistie teilnimmst.
    Zum Glück findest Du als Erzieherin überall leicht Arbeit. Alle staatlichen Gerichte begrenzen zudem mittlerweile die Berücksichtigung kirchlicher Grundsätze auf das Arbeitsleben ausschließlich auf Tätigkeiten mit Verkündungsauftrag. Alles Gute und Gottes Segen für Dich. Michael

  2. ich bin in zweiter Ehe verheiratet und werde von der kath.Kirche ausgegrenzt.
    Ichbekomme keine Erzieherstelle in einer Kath. Einrichtung .Ich bin in meiner Heimatgemeinde im PGR.
    Ich werde weiter kämpfen für gleiche Rechte und gleiche Würde für alle Menschen in meiner Kirche. Keine
    Ausgrenzung in der kath.Kirche. Ich bleibe weiterhin laut und unterstütze weiterhin Maria2.0.
    Martina Hirsch-Haselbach

    1. Liebe Frau Hirsch-Haselbach,
      danke für Ihren Kommentar. Es ist wirklich sehr schade, dass Sie solche Ausgrenzung erfahren müssen bei der Stellensuche. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen, dass in unserer Kirchengemeinde der Ehestatus kein Einstellungskriterium ist.
      Schön, dass Sie sich weiterhin einbringen, die Frohe Botschaft weiter verteidigen und sich nicht unterkriegen lassen. Wir setzen uns auch weiter ein für die Gleichbehandlung aller Menschen. Dazu gern auch unsere Resolution lesen, dass wir da mit Ihnen auf einer Linie sind: https://christus-koenig.eu/resolution-des-kirchengemeinderats-zu-missstaenden-in-der-katholischen-kirche/

      Christliche Grüße
      Eva Schlegel, Gemeindereferentin

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