Hans Küng – ein ganz Großer Theologe

In Memoriam Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Küng

Am 6. April 2021 verstarb der weit über unsere Landesgrenzen hinaus bekannte Theologe und Pfarrer Hans Küng. Generationen von Studenten waren in seinen Vorlesungen und wurden von seinem hellen, vorausschauenden und kritischen Geist beeinflusst. 93 Jahre alt ist er geworden. In den letzten Jahren zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, da ihn seine schwere Parkinsonerkrankung immer mehr einschränkte.

Von Gerlinde Münch

Hans Küng Bild: Dr. Paulus Decker In: Pfarrbriefservice.de

Der in der Schweiz, als Sohn eines Schuhhändlers geborene Hans Küng, begann seine theologische Laufbahn mit 20 Jahren, als er an der Päpstlichen Universität in Rom studierte. Nachdem er einige Jahre als Seelsorger in der Luzerner Hofkirche arbeitete, schlug er die akademische Laufbahn ein und ging als wissenschaftlicher Assistent nach Münster. Seit 1960 war Hans Küng Professor in Tübingen, das er sich zur Wahlheimat auserkoren hatte. Dort erreichte ihn 1979, drei Tage vor Weihnachten, die Nachricht vom Entzug seiner Lehrerlaubnis, unterzeichnet von Johannes Paul II, weil er die Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramts in Frage stellte.

Nach dem Fall der DDR-Mauer nannte er den Vatikan die letzte Diktatur Europas. Wenn man die Hierarchie der römisch katholischen Kirche kritisch betrachtet, wo alle Macht vom Papst ausgeht, Bischöfe bestimmt werden und keine Wahl durch das Volk stattfindet, ist  dieser Gedanke durchaus nachvollziehbar.

Von der Universität Tübingen erhielt er einen Lehrstuhl für Ökumenische Theologie, den es vorher noch nicht gab und somit von ihm frei gestaltet werden konnte.  Er war Mitbegründer der Stiftung Weltethos, wo er bis März 2013 deren Präsident war. Das Verbindende der Weltreligionen, mit deren jeweils fünf ethischen Basis-Prinzipien (Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Partnerschaftlichkeit (Erklärung 1993) und Sorge für die Lebewesen der Erde und ihre Ökosysteme), die er herauskristallisierte, dürfte zukunftweisend sein für die Verständigung zwischen den Völkern. Link zu Weltethos
Besonders viel Beachtung hatte er zuvor schon durch seine Bücher „Christ sein“ und „Existiert Gott“ erfahren. Seine Gabe war es, die Glaubenslehren verständlich zu machen und das Evangelium in den Mittelpunkt zu rücken.

Zeit seines Leben hoffte Hans Küng auf Rehabilitierung aus Rom. Jedoch durfte er dies zu seinen Lebzeiten nicht mehr erfahren. Welch unversöhnliches Verhalten, sollte man doch gerade von unserer Kirchenleitung Barmherzigkeit und Menschlichkeit erwarten können. Vieles von dem, was Hans Küng kritisch bemerkte, ist heute im Fokus von Bewegungen wie dem Synodalen Weg und Maria 2.0.

Grab von Hans Küng auf dem alten Stadtfriedhof Tübingen

An der Trauerfeier in St. Johannes in Tübingen konnten corona-bedingt nur Wenige teilnehmen. Erstaunlich war, dass Bischof Gebhard Fürst aus Rottenburg nicht zugegen war. Er ließ in einem Artikel seiner Pressestelle verlautbaren: „Hans Küng war über viele Jahrzehnte hinweg ein kritischer, aber großer Theologe, dem die katholische Kirche und ihre Zeitgenossenschaft ein wichtiges Anliegen war. Er hat essentielle theologische Grundlagenarbeit geleistet und immer wieder bedeutende Anstöße gegeben. Besondere Würdigung verdient sein Einsatz für die Ökumene und für den Dialog zwischen den Religionen. Er war ein streitbarer Geist – ich selbst habe ihn als Student in Tübingen in den 70er-Jahren als stets sehr anregenden Theologen empfunden.“

Bischof Felix Gmür, der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz und Bischof von Küngs Heimatdiözese, schrieb in seinem Nachruf, Hans Küng sei nicht nur „Kirchenkritiker oder Papstkritiker, sondern Kirchenliebhaber, ja sogar Papstliebhaber“ gewesen. „Er wollte eine erneuerte Kirche, eine Kirche für heutige Menschen, eine Kirche, die a jour ist. Er kämpfte für eine Kirche, die sich mit den Lebenswelten, so wie sie sind, und mit der Welt, so wie sie ist, auseinandersetzt.“

Bundespräsident Frank Walter Steinmaier lobte Küngs Schweizer Eigenschaften: „In seiner eidgenössischen Unbestechlichkeit ist er dem notwendigen Streit um den richtigen Weg zu Frieden und Verständigung nie ausgewichen. Hans Küng ist ein bleibendes Vorbild eines Gelehrten, eines brillanten Denkers mit scharfem Verstand, der gleichzeitig wacher politischer Beobachter und engagierter Mitbürger war.“

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, hob Küngs Einsatz für Ökumene, sowie interreligiösen und interkulturellen Dialog, hervor. Bei der von Hans Küng mitgegründeten Stiftung Weltethos handle es sich um „wichtige Forschungen und Projekte zu Frieden, Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung“. Auch seinen streitbaren Geist ließ er nicht unerwähnt: „Hans Küng hat es sich nie nehmen lassen, für seine Überzeugungen einzutreten. Auch wenn es diesbezüglich Spannungen und Konflikte gab, danke ich ihm in dieser Stunde des Abschieds ausdrücklich für sein jahrelanges Engagement als katholischer Theologe in der Vermittlung des Evangeliums. … Wir trauern um eine Persönlichkeit, die jetzt ihren Frieden in der Hand Gottes finden möge.“

Ministerpräsident Kretschmann und Oberbürgermeister Boris Palmer gedachten dem Theologen mit sehr persönlichen und bewegenden Worten.

Ganz links das Grab von Walter Jens. Rechts außen das Grab von Hans Küng

Nach der feierlichen Trauerfeier wurde Hans Küng auf dem Stadtfriedhof in Tübingen beigesetzt Er fand seine letzte Ruhestätte unweit vom Grab von Walter Jens, mit dem er in tiefer Freundschaft verbunden war.

2 Gedanken zu „Hans Küng – ein ganz Großer Theologe

  1. Danke, Gerlinde, für diesen Artikel mit der Zusammenstellung einiger Nachrufe. Hätte „die Kirche“ (hier als die Glaubenskongregation etc. gemeint) sich von ihm ehrlich in Frage stellen lassen und konstruktiv reagiert, wären viele Missstände schon Jahrzehnte früher angegangen worden und die Institution heute nicht in so einer Existenzkrise.

  2. Habe sehr viel von Ihm gelernt… nicht nur Theologie, sonder Menschlichkeit, Gefühle, Offenheit… Gott sei dank das kritiker wie Küng gab und gibt, die uns fordern Umzudenken… aggiornamento

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