Liebenau – legal oder Skandal?

Katholische Stiftung will keine kirchlichen Regelungen

Der Brexit gestaltet sich recht kompliziert. Großbritannien möchte raus aus der EU, um den Mitgliedspflichten zu entgehen, dabei aber möglichst viele Rechte beibehalten. Ein Unterfangen, das Kopfschütteln auslöst. Doch auch in unserer Diözese ereignet sich mit der „Stiftung Liebenau“ ein ähnlicher Fall.

von Thomas Münch

Bischof Fürst gestattet drei Tochtergesellschaften der katholischen Stiftung Liebenau, den Bezug zur kirchlichen Grundordnung aus der Satzung zu streichen. Damit entfällt für diese die Pflicht, die Arbeitsrechtsregelungen der Caritas anzuwenden. Die Folgen für die Beschäftigten sind u.a. erheblich abgesenkte Gehälter und Zeitzuschläge, eine geringere Jahressonderzahlung, weniger Jahresurlaub, keinen Krankengeldzuschuss und eine erheblich eingeschränkte betriebliche Altersversorgung. Für Minister Manfred Lucha, im Land zuständig für Soziales und Integration, Anlass zu großer Sorge, die er dem Bischof per Brief mitteilte: Angesichts des Fachkräftemangel müssten die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden, wenn auch in Zukunft gute Pflege für die Menschen geleistet werden soll. Sein Appell: Gerade die gemeinnützigen Träger der Pflege sollten hierbei „mit gutem Beispiel vorangehen“.

Nicht wirtschaftlicher Druck, sondern strategische Überlegungen geben den Ausschlag dafür, sich den kirchlichen Regelungen zu entziehen. Ziel ist, Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten, wie sie auch im öffentlichen Dienst üblich sind, zu entgehen und möglichst ohne Einschränkungen „von außen“ agieren zu können. Demgegenüber bezweifeln die Mitarbeiter der Caritas entschieden, dass die Liebenau als katholische Stiftung das Recht hat, je nach Gefallen das kirchliche Tarifrecht anzuwenden oder nicht. Und empört stellen sie fest: „Dass die bischöfliche Aufsicht der Stiftung diese Wahlmöglichkeit einräumt, unterminiert die gesamte Legitimation des kirchlichen Arbeitsrechts.“ Nicht absehbar sind die Folgen für die politische und juristische Bewertung des grundgesetzlich verankerten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen, ihre „Angelegenheiten selbständig zu regeln“. Dies geschieht auf dem sogenannten „Dritten Weg“, den die Kirchen ansonsten vehement verteidigen. Doch durch solche Entscheidungen sägt man selbst an dem Ast, auf dem man sitzt.

Auch nach dieser Entwicklung behauptet die Stiftung Liebenau, kirchlich zu sein und der bischöflichen Aufsicht zu unterstehen. So macht sie sich das positive Sozialimage der Kirche zunutze, setzt möglicherweise auch christliche Maßstäbe für ihre Dienstleistungen, entzieht sich aber in neoliberaler Manier der Verpflichtung einer angemessenen Entlohnung ihrer eigenen Mitarbeitenden. „Lexit“ lässt grüßen!

Ein Gedanke zu „Liebenau – legal oder Skandal?

  1. Sehr geehrter, lieber Herr Münch!
    Liebenau-nicht legal sondern Skandal, meine ich und stimme Ihren Aussagen voll zu. Auch den Mitarbeitern der CARITAS ist zuzustimmen, denn wie kann man sich auf die christlichen Werte berufen, wenn man eine sogenannte Rosinenpickerei betreibt. Die Bedenken und Sorgen von Minister Lucha sind sicher nicht unbegründet, denn dort, wo ein gerechter Lohn / ein angemessenes Gehalt gezahlt wird, werden Menschen ihren Arbeitsplatz nehmen. Und kirchliche Einrichtungen sollten eigentlich Vorbilder sein.
    Wie meint der Volksmund; mit voller Hose ist gut stinken. Selber „Fürstliche“ Gehälter einstreichen gar Paläste bauen, aber den Arbeiterinnen und Arbeitern im Weinberg den gerechten Lohn vorenthalten. Nach dem Verbot eines gemeinsamen Abendmahles wieder ein Sägen am Ast, auf dem man sitzt.
    Günter Soltau

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