„Sie sollten sich langsam fragen, woran Sie glauben“

Eine Auslegung und Deutung der biblischen Texte von Sonntag, dem 6. November 2022 von Heidrun Krismer. Mit etwas Verzug, aber nicht minder aktuell.

Liebe Gemeinde,

„Sie sollten sich langsam fragen, woran Sie glauben, Dr. Jones!“ Mit diesem Satz provoziert im Abenteuerfilm „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ der Gegenspieler die Hauptfigur. Auf der Suche nach dem heiligen Gral muss der Archäologe Indiana Jones verschiedene Aufgaben meistern. Zuletzt steht er vor einem riesigen Abgrund – der Weg zur anderen Seite ist unsichtbar. So muss sich der Filmheld der Frage stellen, ob sein Glaube reicht, um den Fuß ins vermeintliche Nichts zu setzen, um dort einen tragfähigen Weg zu entdecken.

„Sie sollten sich langsam fragen, woran Sie glauben“ – auch uns Christen wird eine Antwort auf diese Frage abverlangt. Setzen nicht auch wir mit unserer zentralen Botschaft von der Auferstehung auf einen Weg, der dem reinen Augenschein verschlossen ist? Was hilft uns, diesen Schritt des Glaubens zu tun und zu vertrauen, dass er nicht ins Nichts, sondern zur Erfüllung führt?

Die biblischen Texte des heutigen Sonntags provozieren auf ihre Art unsere Antwort: Die sieben Brüder im zweiten Buch der Makkabäer betreten den Pfad der Auferstehungshoffnung voller Überzeugung. Ohne mit einer Wimper zu zucken, setzen sie ihr Leben aufs Spiel in der Gewissheit, dass Gottes Treue auch über den Tod hinausreicht. Dagegen stehen im Evangelium die Sadduzäer, Mitglieder einer religiösen Gruppierung, die durch ihre Fangfrage die Widersinnigkeit des Auferstehungsglaubens enttarnen wollen. In gewissem Sinne steht die Kraft der Überzeugung der beobachtbaren Unmöglichkeit entgegen: Was die einen im tiefsten Herzen glauben, widerstrebt den anderen aufgrund logischer Überlegung.

Darin spiegelt sich auch eine Diskrepanz unserer Zeit wider: Die Überzeugung der einen „Der Tod ist nicht das Letztgültige“ stößt auf die biologische Tatsache „Was tot ist, wird nicht mehr lebendig“. Oft genug bewegen wir uns als Glaubende des 21. Jahrhunderts in einer Wirklichkeit, die diese beiden Pole zusammenbringen soll. Und nicht selten zieht der Glaube den Kürzeren.

Wir Menschen können mit unseren Sinnen nur die hiesige Welt wahrnehmen und ihre Naturgesetze. Ich habe ein sehr interessantes Buch von Pater Anselm Grün und seinem Bruder, dem Physiklehrer Michael Grün gelesen. Sie schreiben aus ihrer jeweiligen Sicht darüber, ob es Gott gibt. Offensichtlich widerspricht die Existenz Gottes nicht der modernen Quantenphysik!

Es geht letztlich aber nicht um die Frage, ob nun Glaube oder Naturwissenschaft Recht hat oder etwas beweisen oder widerlegen kann. Es geht darum zu verdeutlichen, dass Glaube nicht unvernünftig ist! Er kann in unserer Welt einen wichtigen Beitrag zu leisten: nicht durch Argumente, sondern vor allen Dingen durch das Lebenszeugnis von Menschen. Denn es macht bereits zu Lebzeiten einen Unterschied, wie ich mit der Endlichkeit des Daseins umgehe: Muss ich wirklich alles erlebt und erreicht haben, damit mein Leben sinnvoll ist? Oder glaube ich an einen Gott, der auch das zur Fülle bringt, was mir im Leben verwehrt geblieben oder nicht gelungen ist? Ist es einfach egal, wie und wer ich bin – weil das nach meinem Tod eh keinen mehr interessiert?

Oder habe ich christliche Werte, ein Gewissen, sehe meine Verantwortung vor Gott, für mich selber und für andere? Gerade weil ich mit meinem Verhalten das Leben anderer beeinflusse?

Welche kleineren oder größeren Auferstehungserfahrungen prägen mich? Da gibt es vielleicht Situationen, die hoffnungslos erschienen und dennoch an ein gutes Ende kamen. Und es gibt beeindruckende Beispiele, in denen Menschen den eigenen Tod vor Augen ihr Leben aus der Hand geben konnten, weil sie sich in Gottes Hand geborgen wissen. All das sind kleine Bausteine, die jedem sachlichen Argument gelebtes Leben hinzufügen. Was auf diese Weise erfahrbar ist, besitzt ein eigenes Gewicht.

Die Schritte auf dem Weg des Glaubens bleiben ein Abenteuer. Ob dieser Weg im Leben und darüber hinaus trägt, erweist sich nur im Versuch. Ich werde manches Mal zweifeln, mich fragen oder sogar Angst verspüren. Aber das „Geländer“ für die Sinnhaftigkeit dieses Weges sind die Menschen , die mit mir zusammen auf dem Glaubensweg unterwegs sind, und die Menschen, die mit ihrem mehr oder weniger bekannt gewordenen Lebenszeugnis dafür einstehen oder -standen. So möchte im Vertrauen auf Gott mutig den Weg des Lebens im Glauben weiter beschreiten. Gerade auch in dieser so sehr verunsichernden Zeit; gerade auch mit Sorgen, Zweifeln, Ängsten betreffend unsere persönliche Situation, unser Land, unsere Kirche und die Welt.

„Sie sollten sich langsam fragen, woran Sie glauben….und worauf sie hoffen!“ Und dann sollten wir dementsprechend leben.

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