Weihbischof Karrer stand Rede und Antwort zur Situation der Kirche

Weihbischof Matthäus Karrer war auf Einladung des Kirchengemeinderates und auf dem Hintergrund zweier öffentlicher Stellungnahmen zur Situation der Kirche am 8. November zu einem zweieinhalbstündigen Gedankenaustausch ins Gemeindezentrum gekommen.

Von Alex Bernhard

Weihbischof (WB) Karrer ist in der Diözese u.a. zuständig für die pastorale (seelsorgerliche) Konzeption. Insofern sah man in ihm einen wichtigen Ansprechpartner, wenn es um einen Kurs aus der Kirchenkrise und die künftige Gemeindegestaltung und Sicherstellung der Seelsorge geht.

Weihbischof Karrer

In einem ausführlichen Eingangsstatement berichtete er vom Entstehen und Werdegang des sogenannten „Synodalen Weges“ innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands. Er bezeichnete dieses als Experiment des kirchlichen Entwicklungsprozesses in einer säkularer gewordenen Gesellschaft und einer vom sexuellen Missbrauch in die Glaubwürdigkeitskrise gestürzten Gemeinschaft. Er zeigte sich hoffnungsvoll, trotz mancher größerer Differenzen mit dem konservativen Spektrum der Kirche, Reformen angesichts der massiv schwierigen Lage beschließen und umsetzen zu können.

Als Zukunftsvision stellte er eine „Kirche der Jüngerschaft“ in den Raum, in der sich ein jeder aufgrund der Frage „Warum bin ich Christ?“ mit seinen Begabungen und Kräften einbringt. Er ist sich im Klaren, dass die Zahl der Kirchenmitglieder noch weiter schrumpfen wird. Deren Ursache ist vielfältig.

Er spricht sich für eine Öffnung des Priesteramtes aus. Frauen sollen, wenn man seine Ausführungen richtig interpretiert, eine größere Bedeutung in der Kirche haben. Mit der Öffnung der Taufspendung für nichtgeweihte pastorale Berufe sei ein erster kleiner Schritt in der Diözese getan. Das Diakonat der Frau wäre ein nächster dringlicher Schritt. Allein die Bindung in der Weltkirche und die Diskussion mit konservativ eingestellten Kreisen in Deutschland lasse hier keine schnelle Vorgehensweise zu. Doch auch hier sei er hoffnungsvoll, weil die mit dem Synodalen Weg aufgeworfenen Themen wohl nicht als isoliertes deutsches Problem verstanden würden. Diese seien auch in anderen Kirchenregionen virulent.

Auf die konkrete prekäre Personalsituation in der Gemeindeseelsorge angesprochen zeichnete WB Karrer ein düsteres Bild der Lage. Innerhalb der nächsten 10 Jahre würden 40-50% des hauptamtlichen Personals über alle Dienste hinweg gesehen fehlen. Insofern müssen sich andere Formen von Gemeindestrukturen entwickeln. Es wird deutlich weniger Hauptamtlichkeit geben (müssen). Er zeigte ein Gemeindeleitungsmodell unter verantwortlicher Beteiligung von ehrenamtlichen Laien auf. In der Diskussion erfuhr diese Vorstellung kritische Entgegnung, wegen der Gefahr der Überforderung Ehrenamtlicher und des mutmaßlich geringen ehrenamtlichen Potenzials. Andererseits befand WB Karrer, dass man, so schmerzlich es sei, Abschied nehmen müsse von der Vorstellung einer lebendigen volkskirchlichen Gemeinde, wie sie viele aus den 60er – 90er Jahren kennen. Hierauf müsse man sich einstellen und überlegen, wie Kirche vor Ort glaubwürdig auf Menschen zugehe und in der Gesellschaft glaubwürdig ihr Wertefundament bezeuge. „Wozu brauchen uns die Menschen?“, so WB Karrer.

Die Anwesenden waren beeindruckt von der Offenheit und Direktheit der Rede des Weihbischofs. Seine Art der Kommunikation wurde als angenehm und sympathisch empfunden. Man erlebte ihn als höchst reformwilligen Weihbischof, der die Sorgen der Anwesenden sehr ernst nahm. Er blieb keine Antwort schuldig. Zwar waren die Gesprächsteilnehmenden insgesamt recht betroffen von der ungeschönten Einschätzung zur Lage der Kirche. Andererseits ergaben sich aber auch Denkansätze, um mutig die künftig auf der örtlichen Ebene zu stemmenden Aufgaben anzugehen und hierbei gestaltungswillige Gemeindemitglieder hineinzunehmen.

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