Drei Engel für Wannweil

Claudia Treutlein, ein Mitglied unserer Kirchengemeinde, hat die drei Bilder im Gemeindehaus St. Michael in Wannweil geschaffen. In dem Triptychon sind die drei Erzengel Rafael, Gabriel und Michael dargestellt. Die gelernte Restauratorin hat sich der Kunst verschrieben und gestaltet mit viel Liebe und Ausdauer aufwändige, vielschichtige Bilder, in deren Untergrund auch Notenblätter, für sie wichtige Briefe, Landkarten und anderes eingearbeitet werden. Das kräftige Blau dominiert in den Bildern und wirkt als Blickfang. Das Triptychon ist als Dauerleihgabe seit 1994 in unserem Gemeindesaal zu bewundern.

von Gerlinde Münch

Ausschnitt aus Triptychon, gemalt von Claudia Treutlein

Erzengel Raphael, Gabriel und Michael

Tryptichon für die katholische Kirche Sankt Michael in Wannweil

Dargestellt sind die drei Engel, die in den Büchern der Bibel namentlich genannt werden. Die Bibel berichtet, dass die Engel sich auch in Menschengestalt zeigen können. Sie sind geschaffen, so wie auch wir Menschen und unsere Welt geschaffen sind, und deshalb grundsätzlich von anderem Wesen als Gott, der Unerschaffene – ohne Beginn und ohne Ende.

Auf die traditionelle Darstellung der Engel mit Flügeln wurde verzichtet, weil diese Form unserer Zeit nicht mehr angemessen scheint. Engel bewegen sich mit der spirituellen Kraft ihrer Herzen. Das kraftvolle Auseinanderströmen im Bereich der Brust ist ihr Impuls, sich durch Raum und Zeit zu bewegen, die rote Farbe ist hier Symbol für Liebe und Hingabe.

Die hebräischen Buchstaben, es sind die Namen der Engel, verbinden die drei Bilder miteinander. Die blaue Farbe symbolisiert das Universum und bildet den Hintergrund, denn es geht um ein universelles Geschehen, um die Geschichte des Schöpfers mit den Geschöpfen. Blau symbolisiert Unendlichkeit, Weite, Transzendenz, das Sich öffnen.

Erzengel Gabriel, von Claudia Treutlein

Gabriel bedeutet „Mann Gottes“

In den unteren Bildschichten ist das Adagio aus dem Streichquintett C-Dur von Franz Schubert eingearbeitet, eine Musik, die in ihrem ruhigen Dahinströmen sehr meditativ ist.

Gabriel ist der Engel, der die Geburt Johannes des Täufers und die Geburt Jesu ankündigt. In der Kreuzigungsdarstellung des Isenheimer Altars hat Matthias Grünewald Jesus und Johannes zueinander in Beziehung gesetzt. Die Inschrift neben Johannes dem Täufer drückt es in Worten aus: „lllum oportet crescere, me autem minui“ – „Er muss wachsen, ich aber abnehmen.“ (Johannes 3,30). Die Lilie ist die Blume die als Symbol der Reinheit auf allen Verkündigungsbildern zu finden ist, und die traditionell auch dem Engel Gabriel beigefügt wird.

Gabriel, der Bote Gottes wird hier auch von ganz weltlichen Botschaften begleitet. Briefumschläge mit Briefmarken machen sichtbar, dass auch heute noch wichtige, vielleicht sogar göttliche Botschaften den Weg in unser Leben finden. Die Briefmarken sind kleine Bilder im Bild und zeigen eine mittelalterliche Verkündigungsdarstellung.

Erzengel Raphael, von Claudia Treutlein

Raphael bedeutet „Gott heilt“

Die Landkarte zu Füßen des Engels verweist auf die Geschichte von Rafael als dem Reisebegleiter des jungen Tobias. Wir erfahren von Rafael, dem Arzt oder Heiler, der mit Herz und Leber eines Fisches die zukünftige Frau des Tobias heilt, die von einem Dämon oder bösen Geist gequält wird, der auch den Vater des Tobias, der an den Augen erkrankt war, heilt. Das Auge und der Fisch stehen für diesen Teil der Tobias-Geschichte.

In der unteren Schicht ist die Partitur der Einleitung zu Richard Wagners Tristan und Isolde eingearbeitet. Die Handlung dieser Einleitung korrespondiert mit der Tobias-Geschichte: beides mal beginnt eine Liebesgeschichte mit einer Reise.

Verbindungen zwischen den Bildern

Die Spirale, die aus exzentrischen Kreisen besteht, zeigt in die Tiefe und soll den Betrachter zu innerer Zentrierung, Ruhe und Konzentration hinführen. Zusammen mit dem Möbiusband, das wir gegenüber, in der Mitte des Michaelbildes finden, steht die Spirale für das Sein des Unerschaffenen – für die Absolute Wahrheit, die unser menschliches Denken übersteigt.

Von oben und unten werden die Bilder von den Farben des Regenbogens eingefasst. Das beginnt bei Rafael und Michael ganz oben mit violett, setzt sich in der Mitte in einem ausgedehnten Blaubereich fort und endet am unteren Rand des Bildes von Gabriel in den Farben grün, gelb, orange und rot.

Erzengel Michael, von Claudia Treutlein

Michael bedeutet „Wer ist wie Gott“

Ein Möbiusband, Symbol für Unendlichkeit, umschließt ein Dreieck, Symbol der Trinität. Ebenso ist der goldene Strahl ein Hinweis für das anwesende Licht der Absoluten Wahrheit.

Die abgebildeten Noten sind ein Partiturausschnitt aus dem 5. Satz der zweiten Sinfonie von Gustav Mahler mit dem Beinamen „Auferstehungssinfonie“. Mahler vertont darin einen Text von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 – 1803). Die Sinfonie endet mit den Worten:
Sterben werd´ ich um zu leben!
Aufersteh´n ja aufersteh´n wirst du mein Herz in einem Nu!
Was du geschlagen, zu Gott wird es dich tragen!

Michael steht neben seiner Kirche in Wannweil auf einem Ortsplan. Auf die Funktion Michaels als Seelenführer verweisen der Sternennebel und die eingearbeiteten Namen und Lebensdaten. In den lateinischen Messtexten der katholischen Totenmesse heißt es im Offertorium:

„…libera eas de ore leonis; ne absorbeat eas tartarus, ne cadant in obscurum. Sed signifer sanctus Michael repraesentet eas in lucem sanctam. Quam olim Abrahae promisisti et semini ejus.“

„Bewahre sie vor dem Rachen des Löwen, dass die Hölle sie nicht verschlinge, dass sie nicht hinabstürzen in die Finsternis, vielmehr geleite sie Sankt Michael, der Bannerträger, in das heilige Licht, das du einstens dem Abraham verheißen und seinen Nachkommen.“

Texte: Claudia Treutlein

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