Einheit als Herausforderung

Das Dorffest der Gesamtgemeinde Kusterdingen findet alle zwei Jahre in einem anderen Ortsteil statt. 2020 hätte es in Immenhausen stattfinden sollen, 2022 in Mähringen. Die beiden Ortschaften schlossen sich zusammen und so war es das erste Mal, dass zwei Ortsteile das Dorffest gemeinsam durchführten. Eine Herausforderung, auf die Pfarrerin Golde Wissner und Gemeindereferentin Eva Schlegel in ihrer Predigt beim Ökumenischen Gottesdienst am Sonntag, 26. Juni, eingingen.
Pfarrerin Golde Wissner, Pfarrerin Susanne Fleischer, Gemeindereferentin Eva Schlegel und Pfarrerin Iris Wigger bei der Begrüßung

Liebe Gottesdienstbesucherinnen und Gottesdienstbesucher,
Haben Sie schon mal Licht brechen lassen? Also das Licht aufgespaltet in die Spektralfarben? Ganz bewusst? Ein Phänomen, wo wir das alle wahrscheinlich schon mal gesehen haben, ist beim Regenbogen, wenn sich das Licht der Sonne in den Regentropfen bricht.
–> Glassteine, die auf den Tischen liegen mal ausprobieren.

Wenn wir dieses geschliffene Stück Glas haben oder eine Lupe oder die Pailletten auf den T-Shirts. Wenn da die Sonne drauf scheint, dann entstehen ganz bunte Lichtpunkte. Je nachdem, wie wir es drehen, welche Perspektive wir einnehmen, entstehen neue Formationen. Es funkelt in allen Farben. Der Ursprung der unterschiedlichen Bilder ist der gleiche, aber erst wenn wieder alle Farben zusammenwirken, dann entsteht dieser Ursprung, nämlich das weiße Licht.
Der Apostel Paulus beschreibt dieses Zusammenwirken im ersten Brief an die Korinther nicht mit dem Licht, sondern mit dem Körper:

„Denkt zum Vergleich an den menschlichen Körper! Er stellt eine Einheit dar, die aus vielen Teilen besteht; oder andersherum betrachtet: Der Körper setzt sich aus vielen Teilen zusammen, die alle miteinander ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Genauso ist es bei Christus.“ (1 Kor 12,12, Neue Genfer Übersetzung)

Pfarrerin Golde Wissner und Gemeindereferentin Eva Schlegel bei der Predigt

Einheit in der Vielfalt

Jeder Teil des Körpers ist anders und hat eine andere Funktion. Genau wie jede Farbe ganz anders aussieht, einzigartig ist und ihr andere Eigenschaften zugewiesen werden. Im Zusammenspiel der einzelnen Körperteile oder Farben entsteht Einheit. Diese Einheit kann aber nur da entstehen, wo auch die Vielfalt zusammenkommt.
SO ist es auch im Leben, das kennen Sie sicherlich alle. Die Familie ist Einheit und doch ist jedes einzelne Familienmitglied ganz eigen. Ein Verein lebt durch seine Mitglieder, die ihre je eigenen Fähigkeiten besitzen. In der Ökumene werden die diversen Stärken der Konfessionen zu einem Zusammenspiel. Und dieses Dorffest für die Gesamtgemeinde Kusterdingen organisiert von Menschen aus Mähringen und Immenhausen ist in seiner Vielfalt der einzelnen Vereine, Menschen und Organisationen eine ganz besondere Einheit.

Einheit nicht immer geradlinig

So schön das nun alles klingt mit der Einheit in der Vielfalt. Ist diese Einheit doch auch oft eine Herausforderung. Das hat schon die Gemeinde in Korinth festgestellt, an die Paulus den Brief schrieb, in dem er die Gemeinde mit dem Körper vergleicht.
In der Gemeinde in Korinth gab es wohl Menschen, die sich aufgrund bestimmter Begabungen für etwas Besseres hielten. Das fanden die anderen natürlich unfair. Deshalb haben sie vermutlich einen Brief an Paulus geschrieben, den dieser wiederum mit einem Brief beantwortete.
So uneins wie die Gemeinde in Korinth war, erleben auch wir immer wieder unsere brüchige Einheit im Alltag.

  • Beispiele aus Verein (unterschiedliche Vorstellungen, wie ein Fest aussehen soll, was auf die Speisekarte drauf soll, welches Programm gespielt wird)
  • Familie (Kind will was anderes als Eltern, Erbstreitigkeiten, Kinder untereinander wollen genau das Spielzeug haben),
  • vermutlich auch in der Vorbereitung des Dorffests bei so vielen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren
Pfarrerin Iris Wigger und Pfarrerin Susanne Fleischer beim Beten der Fürbitten

Braucht Brüche, damit Schönes entsteht

Solche Brüche und Ungereimtheiten braucht es, damit man sich auch immer wieder auf das Wesentliche konzentriert. Um was geht es uns eigentlich? Und dabei entstehen oft auch neue, hoffentlich schöne, Dinge, die niemand vorher im Blick hatte.
Denken Sie nur an das Spielzeug auf dem Tisch. Erst wenn das Licht gebrochen wird, entsteht etwas Neues, Buntes. Und doch gehört all das zusammen.
Paulus wollte das der Gemeinde aus Korinth auch deutlich machen. Ihr alle gehört zusammen, weil ihr zu Christus gehört. Um ihn geht es und nicht darum, wer was kann. Denn ihr seid alle aufeinander angewiesen, so wie der Arm auf das Auge und das Ohr auf den Fuß.

Angewiesen sein aufeinander

Wer sich schon mal Bein oder Arm gebrochen hat oder blind ist oder eine sonstige Behinderung hat, der weiß, dass der Körper im Stande ist, die Aufgaben des behinderten Körperteils zu übernehmen oder anderweitig auszugleichen. Denn alle gehören zusammen und können nur gemeinsam funktionieren.
Und so ist es auch bei der Gemeinde in Korinth und bei uns hier in diesem Festzelt. Wir sind aufeinander angewiesen. Was der eine nicht kann, kann die andere. Ohne, dass das eine besser ist als das andere.

Christus ist das Licht, in dem sich unsere vielfältigen Farben bündeln. Denn, Wenn wir hier als Christen und Christinnen, Bürger und Bürgerinnen der Kusterdinger Gemeinden versammelt sind, dann können wir uns sicher sein, dass hier Einheit in Vielfalt herrscht und dass Christus dadurch mitten unter uns ist. Amen.

Den Segen im gut besuchten Festzelt spendeten Pfarrerin Susanne Fleischer und Gemeindereferentin Eva Schlegel

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