Herbst-Vollversammlung 2021 in Fulda

Zur Vollversammlung, dem obersten Gremium der Deutschen Bischofskonferenz, treffen sich alle katholischen Orts- und Weihbischöfe in Deutschland und der Apostolische Exarch der Ukrainer regelmäßig im Frühjahr und im Herbst. An vier Tagen werden zahlreiche Gespräche geführt, Beschlüsse gefasst und Arbeitssitzungen abgehalten. Die Vollversammlung, die nicht öffentlich stattfindet, ist das höchste Gremium der katholischen Kirche in Deutschland. Die Zahl der Mitglieder beträgt zurzeit 69 (Stand: Oktober 2021).

Von Rainer Degen

Bild: Michael Baudisch In: Pfarrbriefservice.de

Vom 20. bis 23. September 2021 hat in Fulda die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz stattgefunden. Und das waren diesmal u.a. die Schwerpunktthemen:

  • Austausch über den Stand der Gespräche beim Synodalen Weg,
  • des Weiteren standen die Vorbereitungen für die Weltbischofssynode in Rom,
  • Sexueller Missbrauch – Aufklärung und Aufarbeitung, Personalaktenordnung,
  • Beratung über die Neufassung der Leitlinien zur Jugendpastoral,
  • das kirchliche Engagement zur Bewahrung der Schöpfung.

Stand der Gespräche beim Synodalen Weg

Bei den Gesprächen wurde deutlich, dass einigen Bischöfen die Lust, wenn überhaupt mal vorhanden, am Reformprozess der Kirche in der Form des Synodalen Weges so ziemlich vergangen ist. Manchen geht das Ganze viel zu schnell insbesondere mit Blick auf die im Anschluss an die Herbstversammlung am 30.9. beginnende Synodalversammlung in Frankfurt (siehe dazu den Artikel in FAZ.NET: hier)

Grundsätzliche Kritik gibt es von Seiten der Bischöfe am Reformprozess allgemein. Ehrlich gesagt: das ist nachvollziehbar. Man muss sich nur vorstellen, dass auf einer Synodalversammlung über 200 Teilnehmer miteinander oder auch gegeneinander diskutieren. Der Hauptkritikpunkt der Bischöfe betrifft den Basistext des Forums zu Macht und zukünftige Gewaltenteilung in der Kirche. Insbesondere dieser Text stand bei der Vollversammlung im Vordergrund. Das Ziel der schon notwendigen Reformen müsste sein, dass die Kirche eher gestärkt wird. „Die Glaubenskommission betont, dass angestrebte und notwendige Reformen und Veränderungen auf das Ziel ausgerichtet sein müssen, die Kirche in ihrem Wesenskern zu stärken, sie zur Verkündigung zu befähigen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Deshalb müsse beim Umgang mit Macht nach einem Modus gesucht werden, der sowohl den an politisch-gesellschaftliche Standards gewohnten Menschen als auch der Kirche gerecht wird.

Deshalb dürfe es keinen Gegensatz zwischen Weihe und Leitung geben, wohl aber müssen Veränderungen hinsichtlich der Kontrolle von Leitung durch Transparenz und Partizipation erfolgen“, so in der Pressemitteilung.

Vorbereitungen für die Weltbischofssynode in Rom

Aus dem Vatikan kommt nun ein weiterer synodaler Weg. Ursprünglich war nur eine Bischofssynode geplant. Rom möchte nun aber auch Laien mit einbeziehen und so entsteht ein weltweiter synodaler Weg. Dauer zwei Jahre. Die Vollversammlung der Bischöfe in Fulda wollte sich entsprechend vorbereiten. In der Pressemitteilung lautete das so: „… Synodalität der Kirche, gewinnt seine besondere Aktualität natürlich durch den Synodalen Weg der Weltkirche, der zunächst am 9. Oktober 2021 in Rom und dann am 17. Oktober 2021 in den Diözesen weltweit beginnen wird. Dabei geht es insbesondere darum, über die Synodalität als Grundverfasstheit von Kirche nachzudenken, bereits konkretisierte Beispiele für eine synodale Praxis weltweit zu sammeln und die Partizipation der Gläubigen am Auftrag der Kirche zu stärken, aus dem Evangelium zu leben und das Evangelium zu verkünden“. Und weiter: „Deshalb gilt es, wie das Zweite Vatikanische Konzil es ausgedrückt hat, die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu deuten. Dafür ist in einer synodal verfassten Kirche ein gutes Hören aufeinander wichtig, bei dem der Glaubenssinn der Gläubigen ebenso eine Bedeutung hat wie die theologische Reflexion und die Weisungen des kirchlichen Lehramtes. In der offenen und freimütigen Diskussion haben wir deshalb miteinander versucht, die Aspekte einzubringen und abzuwägen, damit der Synodale Weg aus geistigen und geistlichen Quellen schöpft und nicht nur den Versuch einer Verwaltungsreform darstellt. Wir haben einander dabei aufmerksam zugehört, Meinungsverschiedenheiten nicht einfach beiseitegeschoben und so miteinander nach den geeigneten Schritten gesucht. Mit diesen Überlegungen gehen wir jetzt einerseits in die Synodalversammlung und nehmen andererseits in den Diözesen die Fragestellungen des Synodalen Weges der Weltkirche auf.“ Soweit so klar.

Sexueller Missbrauch – Aufklärung und Aufarbeitung, Personalaktenordnung

Die Vollversammlung hat sich erneut mit dem Themenkomplex Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs befasst. Basis ist nach wie vor die MHG Studie. Wir berichteten mehrfach darüber. Während der Versammlung war der Fall Erzbistum Köln latent allgegenwärtig. Zunächst ging es „um die Frage nach der Standardisierung der Personalaktenführung von Klerikern aufgrund einer heterogenen und nicht selten mangelhaften Praxis der Aktenführung sowie der Dokumentation von Hinweisen auf sexuellen Missbrauch“. Diese Standardisierung wurde jetzt beschlossen. Auch wie in der Studie wurde Unabhängigkeit etwa durch ein zentrales und unabhängiges Entscheidungsgremium hergestellt. Dieses Gremium setzt verbindlich die Leistungshöhe im Falle von Missbrauch fest. Das Verfahren sei transparent, die Mitglieder der Kommission sind ebenso bekannt wie die Kriterien, die berücksichtigt werden sollen. Dieses Verfahren gilt für (Erz-)Diözesen und Orden. Die Leistungshöhe wurde deutlich angehoben.
Hier lehnt man sich an den rechtsstaatlich üblichen und von der Kirche unabhängigen Referenzrahmen an. Die Höhe der Leistungen orientiert sich an Schmerzensgeldzahlungen staatlicher Gerichte in vergleichbaren Fällen.
In den Regelungen sind jährliche Berichte der Aufarbeitungskommissionen an wie etwa die Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) vorgesehen.

Beratung über die Neufassung der Leitlinien zur Jugendpastoral

Im Nachgang der XV. Ordentlichen Generalversammlung „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ vom 8.–23. Oktober 2018 hat sich die Jugendkommission für eine Neufassung der Leitlinien zur Jugendpastoral aus dem Jahr 1991 ausgesprochen. Die Vollversammlung beschloss sodann die neuen Leitlinien zur Jugendpastoral. „Wenn junge Menschen heute nach einem tragfähigen Lebens- und Gottesglauben suchen, so geschieht dies in einer weltanschaulichen Vielfalt und in einer Zeit, in der Kirche von vielen nicht mehr als Ort für weltanschauliche Orientierung oder sogar Gottessuche wahrgenommen wird.“, so die Meinung der Bischöfe.

Drei Kapitel fassen die Leitlinien zusammen. Kapitel 1 widmet sich dem Anlass und der Grundüberzeugung der Leitlinien. Kapitel II erörtert die theologischen Orientierungen einer Jugendpastoral in postchristlicher Gesellschaft. Kapitel III benennt schließlich Konsequenzen für die Jugendpastoral. Die Leitworte: „Wirklichkeit wahrnehmen – Chancen finden – Berufung wählen“. Die neuen Leitlinien werden Anfang November veröffentlicht und den Verantwortlichen und Fachkräften in der Jugendpastoral zur konkreten Ausgestaltung übergeben. Sobald etwas vorliegt, werden wir darüber informieren.

Kirchliches Engagement zur Bewahrung der Schöpfung

Die aktuelle gesellschaftliche Debatte über Klima- und Umweltschutz ist auch bei der Vollversammlung angekommen. „Die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und die sommerlichen Waldbrände in Südeuropa haben uns die Dramatik der Auswirkungen des Klimawandels vor Augen geführt und uns an unsere Verantwortung für Gottes Schöpfung erinnert. Auch wir Bischöfe sind alarmiert vom letzten Bericht des Weltklimarates, der festgestellt hat, dass wir unmittelbar handeln und gegensteuern müssen, wenn wir die Erderwärmung aufhalten und auf ein erträgliches Maß abmildern wollen.“ Und weiter: „Wir bringen Werte wie Achtsamkeit, Maß und Genügsamkeit in die Debatte ein. Wir werben für eine positive Zukunftsperspektive, in der alle Menschen das haben sollen, was sie für ein erfüllendes Leben brauchen, und möchten die soziale Dimension des Klimaschutzes noch stärker in den Blick rücken, um einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.“ Wäre jetzt schön zu sehen, wenn es bald konkrete Ergebnisse gibt.

Der Link zur Pressemitteilung: Pressemitteilung Herbstvollversammlung 2021

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