Ravensburger Kommunionstreit kennt keine Gewinner

Die jüngste Stellungnahme von Bischof Gebhard Fürst vor 400 Besuchern im Ravensburger Schwörsaal läutet die nächste Runde im Kommunionstreit ein. Oft kann erneute Kommunikation zu einer bestimmten Sache zu unterschiedlichen Interpretationen führen und in der Folge weitere Diskussionen befördern – so wohl auch in diesem Fall.

Von Rainer Degen

 

Der Ravensburger Kommunionstreit – Hintergrund

Bei vielen Christen zählt das Abendmahl zum Höhepunkt eines jeden Gottesdienstes. Dieses fehlt jedoch bei ökumenischen Gottesdiensten – für viele Katholiken ein gravierendes Defizit.
 

Wie kam es zur Ravensburger Erklärung?

Evangelische und katholische Christen führen in Ravensburg seit je her ein gutes Miteinander. Um das Gemeinsame noch weiter voranzutreiben, wurde bereits 2014 eine Arbeitsgemeinschaft, die sogenannte „Anknüpf-Aktion“, gegründet. Damit wollte man die katholische Liebfrauenkirche und die evangelische Stadtkirche in Ravensburg einander entscheidend näher bringen und weitere Hürden nehmen, die einer Einheit der Christen entgegen stehen. Daraus resultierte im Oktober 2017 die sogenannte Ravensburger Erklärung. Sie besagt, dass in Ravensburg Protestanten und Katholiken gemeinsam zu Kommunion und Abendmahl eingeladen sind.
 

Widerruf der Erklärung durch die katholische Kirche

Diese Erklärung wurde 2018 auf Weisung von Bischof Fürst widerrufen. Die katholischen Kirche in Ravensburg reagierte mit einer Stellungnahme: „Die Ravensburger Erklärung zur Teilnahme an Abendmahl und Kommunion von Christen der evangelischen und katholischen Kirche. [hier fehlt etwas – Satz unvollständig] Die Aktion von Trennen zum Teilen am 8.Oktober 2017 hat deutlich gemacht, dass die ökumenische Zusammenarbeit besonders im Jahr des Reformationsjubiläums vielen Christen ein wichtiges Anliegen ist, auch und gerade in Ravensburg mit seiner über 450-jährigen Geschichte der Parität.
Mit der Ravensburger Erklärung wollten wir deutlich machen, dass die Teilnahme an Kommunion bzw. Abendmahl Christen der verschiedenen Konfessionen ein Anliegen und geistliches Bedürfnis ist. Mit dieser Erklärung haben wir eine Erwartung erzeugt, die wir leider so nicht erfüllen können. In einem Gespräch zwischen Bischof Fürst und Pfarrer Hermann Riedle im November 2017 hat Bischof Fürst die Rechtsgrundlage der katholischen Kirche dargelegt, die eine Zulassung eines evangelischen Christen nur im Einzelfall vorsieht. Eine offene Einladung an alle ist (noch) nicht möglich.”
Siehe dazu auch unseren Beitrag https://christus-koenig.eu/gemeinsamer-empfang-des-abendmahls-in-ravensburg-gescheitert/
 

Erneute Stellungnahme von Bischof Fürst aktuell

Der Widerruf führte zu erheblichen Diskussionen. Bischof Fürst nutzte jetzt im März diesen Jahres die Gelegenheit, auf das ökumenische Miteinander katholischer und evangelischer Christen in der Stadt einzugehen. Im Ravensburger Schwörsaal äußerte er sich vor 400 Besuchern zur Ravensburger Erklärung. Eine Einladung zur Eucharistie setze eine Kirchengemeinschaft voraus, die aber trotz aller Bemühungen in der Ökumene leider noch nicht erreicht sei, so der Bischof in seiner ausführlichen Stellungnahme. Allerdings gestand er zu, dass die Rücknahme der Ravensburger Erklärung „suboptimal und holprig gelaufen“ sei“.
Laut der offiziellen Presseerklärung der Diözese verwies der Bischof auf „viele Möglichkeiten eines guten ökumenischen Miteinanders. Ökumene sollte nicht auf die Frage des Abendmahls begrenzt werden.“ Daher weise er die „Ravensburger Erklärung“ nicht insgesamt zurück, betonte der Bischof. Den Teil der Erklärung könne er jedoch nicht mittragen, in dem sich die Gläubigen beider Konfessionen im Oktober 2017 gegenseitig zu Kommunion und Abendmahl eingeladen hatten. Der Bischof begründete dies mit der unterschiedlichen Bewertung der gewandelten Hostie innerhalb durch die beiden Kirchen. Ohne eine geänderte theologische Auffassung dazu in der evangelischen Kirche sah Fürst derzeit keine Möglichkeit eines ökumenischen Abendmahls. Mit Blick auf konfessionsverbindende Ehen verwies er indes auf die Möglichkeit, die die Bischofskonferenz im vergangenen Sommer eröffnet hatte. Demnach kann der protestantische Ehepartner nach einem Gespräch mit dem Pfarrer und aufgrund der eigenen Gewissensentscheidung an der katholischen Kommunion teilhaben. „Das ist ein wichtiger Schritt, in die Richtung, den sich viele wünschen“, sagte er.
Auch in unserer Kirchengemeinde gibt ja ein ökumenisches Aufeinanderzugehen. Das zeigt beispielsweise in bester Weise jüngst das „ökumenische Fastenelixier“ mit über 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus beiden Konfessionen. 
 

Aktionsgemeinschaft Rottenburg äußert ihr Bedauern

Trotz des mutigen Auftritts von Bischof Fürst in der Höhle des Löwen ist der Streit keineswegs beigelegt. Das gilt insbesondere auch innerhalb unserer Kirche. So bedauert zum Beispiel die Aktionsgemeinschaft Rottenburg (AGR), ein Zusammenschluss von 150 reformorientierten Pfarrern und Diakonen, „dass in der Abendmahlsfrage in Ravensburg am vergangenen Montag kein gemeinsamer Weg gefunden wurde“. Die AGR ist überzeugt, dass „durch das ökumenische Mahlfeiern auch die Kirchengemeinschaft gefördert wird. Sie findet es äußerst bedauerlich, wenn durch unnötige Barrieren Christinnen und Christen enttäuscht werden oder gar der kirchlichen Gemeinschaft den Rücken kehren“.
So bleibt am Ende nur festzustellen, dass das Thema weiter nicht geklärt ist und es wohl auf absehbare Zeit zu keiner Annäherung in diesem Punkt kommen wird. Auch in unserer Kirche gärt der Disput weiter. Gewinner gibt es keine. War es Ahnung oder Resignation, dass in der Ravensburger Veranstaltung kein evangelischer Vertreter anwesend war?
 

 

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