Gedanken zur vergangenen Synodalversammlung

Vom 3. bis 5. Februar trafen sich die Delegierten des Synodalen Wegs in Frankfurt zur dritten Synodalversammlung. Einige Synodale waren auch per Video zugeschaltet. Die drei Tage waren schon im Voraus geprägt von der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens aus der Diözese München-Freising und der Aktion #OutInChurch, in der sich über 100 Mitarbeitende der katholischen Kirche zu ihrem Queer-Sein bekannten.

Regina Nagel, Gemeindereferentin und als Vorsitzende des Gemeindereferent*innen-Bundesverbands Delegierte im Synodalen Weg hat für unsere Homepage ein paar Gedanken zur dritten Synodalversammlung zusammengefasst. Sie ist Mitglied des Forums Frauen.

„Wenn in der aktuellen Situation Bischöfe etwas ganz toll finden, dann sollten wir vorsichtig sein.“

Dieser Satz eines Mitsynodalen geht mir durch den Kopf, wenn ich meine Eindrücke zur Versammlung sortiere. Die Euphorie vieler Delegierter in ihren Statements irritiert mich.  Ja, es wurde allen Beschlüssen zugestimmt. Ja, die Gegner*innen des Synodalen Wegs, das „Team Voderholzer“, haben es nicht geschafft, die 2/3-Mehrheit der Bischöfe zu verhindern. Ja, die meisten Texte, die beschlossen wurden, sind interessant zu lesen – z.B. die Grundtexte des Macht- und des Frauenforums. Da ich selbst am Grundtext des Frauenforums mitgeschrieben habe, weiß ich, dass wir auf hohem Niveau gearbeitet, diskutiert, geschrieben und überarbeitet haben und dass der Text sich sehen lassen kann.

Doch worum geht es in allen Texten? Es geht darum, systemimmanent Wege aufzuzeigen, wie die römisch-katholische Kirche ihren Nachholbedarf an Partizipation, Achtung der Selbstbestimmung ihrer Mitglieder und Geschlechtergerechtigkeit nachholen könnte. Ich schreibe im Konjunktiv, da es sich nur um Empfehlungsbeschlüsse handelt. Entscheidende Beschlüsse kann im Nachhinein die Bischofskonferenz treffen und in vielen Fällen bleibt es  den einzelnen Bischöfen überlassen, ob sie Beschlüsse des Synodalen Wegs umsetzen. Vieles liegt jedoch nicht in der Macht unserer Bischöfe, sondern kann von ihnen nur als Bitte, Vorschlag oder Forderung nach Rom weitergegeben werden. Ich gehe davon aus, dass die Nicht-ganz-ein-Drittel-Bischöfe, denen es nicht gelungen ist, das eine oder andere abzuschmettern, schlicht auf Rom hoffen. Dass die Hoffnung begründet ist, zeigte sich im Beitrag des Nuntius, den man, wie alle anderen Texte, auf der Homepage des Synodalen Wegs nachlesen kann.

Regina Nagel, Mitglied des Synodalen Wegs

Bei manchen Beschlüssen bleibt ungutes Gefühl

Manche Bischöfe sind eher still, doch es gibt auch die, die offen „toll“ finden, dass der Zölibat freigestellt werden soll, Frauenweihe gefordert wird und Laien bei Bischofsernennungen gehört werden sollen. Ich bin mir sicher, dass einige Bischöfe es ehrlich meinen und wirklich kapiert haben, dass Reformen notwendig sind – nicht nur, um die Kirche zu retten, sondern um nicht weiterhin Menschen zu missachten oder gar zu missbrauchen. Ein ungutes Gefühl hatte ich bei manchen –  an sich positiven – Beschlüssen aber doch. Ich denke an eine Aussage von Prof. Norbert Lüdecke in den Tagen vor der Versammlung: „Ihr Laien lasst euch zu Komplizen machen“. Sie passt zu seinem Buch „Die Täuschung“, in dem er darlegt, dass es spätestens seit der Würzburger Synode immer wieder Beteiligungsprozesse gab, in denen Laien mitspielen, aber letztlich nicht entscheiden durften. Und wenn wir auf die Themen des Synodalen Wegs schauen: Viele davon sind dieselben wie vor 50 Jahren.

Abstimmungsgerät bei der Synodalversammlung

verhaltener Optimismus

Meine Einschätzung ist deshalb folgende: Im Rahmen dessen, was innerhalb des Konstrukts Synodaler Weg möglich ist, war die Veranstaltung sehr erfolgreich. Viele kluge und sympathische Menschen sind hoch engagiert dabei. Dass viele sich über die Ergebnisse freuen verstehe ich.

Wer jedoch ausblendet, dass wir uns nach wie vor in einem klerikal-hierarchischen System befinden, in dem wir letztlich systemerhaltende Reformen vorschlagen, wird irgendwann enttäuscht sein. Manche sollten sich daran erinnern, was Doris Reisinger den jungen Synodal*innen mit auf den Weg gegeben hat: „Lasst euch nicht einwickeln!“

Ich bedauere, dass wir zu wenig das Gesamtsystem hinterfragen. Wir sollten nüchtern historisch prüfen, wie  sich Kirche entwickelt hat und ob die Struktur zur christlichen Botschaft passt. Als Engagierte im Frauenforum freut mich, dass die Synodalversammlung den Grundtext angenommen hat! Die Handlungstexte zum sakramentalen Amt für Frauen sind mir jedoch zu schwach. Es sollte klarer gesagt werden,  dass Geschlechtergerechtigkeit eine Selbstverständlichkeit sein muss. Ein Text fordert ein Indult, d. h. einen Gnadenerweis der kirchlichen Autorität für eine Diakoninnenweihe. Wollen wir Frauen wirklich nur einen Gnadenerweis oder nicht doch eher ein radikales Umdenken, verbunden mit einer Bitte um Verzeihung für bisherige Ignoranz? Im Forum Frauen hätte es von vornherein nicht nur um „Frauen in Diensten und Ämtern“ gehen sollen, sondern um die Beendigung der Frauenabwertung in unserer Kirche. Nicht Dogmatiker*innen sollten die Hauptrolle spielen, wenn es um Macht, Frauen, Priester und Lebensformen geht, sondern z. B. (Kirchen-)Historiker- und Sozialwissenschaftler*innen.

Abstimmungsergebnis

Rom und Bischofkonferenz entscheiden letztlich

Das meiste wird Rom entscheiden, es gibt aber einen wichtigen Beschluss der Versammlung, den unsere Bischöfe zeitnah umsetzen können: 93,3% der Synodal*innen haben sich dafür ausgesprochen, dass auch bei pastoralen Mitarbeiter*innen die persönliche Lebensführung (z.B. eine gleichgeschlechtliche Eheschließung) keine arbeitsrechtlichen Folgen mehr haben soll. Ein Erfolg des Synodalen Wegs und der #OutInChurch-Aktion wäre, wenn die Deutsche Bischofskonferenz demnächst genauso entscheiden würde!

Ein großes Dankeschön an Regina Nagel, die uns einen Einblick in die Synodalversammlung und ihre eigenen Gedanken dazu gegeben hat. Wir werden Sie auch weiterhin über den Synodalen Weg, die Entscheidungen und Konsequenzen auf dem Laufenden halten.

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