Klangvolle Orgelmesse – Katholischer Kirchenchor begeistert mit „Missa brevis“ von Joseph Haydn

Von Roland Kurz

Stehenden Applaus in einer nahezu vollen Kirche – das erlebt ein Kirchenchor nicht oft. Dem katholischen Kirchenchor Kirchentellinsfurt und seiner Leiterin Brigitte Häberli, zugleich Solosängerin, wurde diese Freude in der Wannweiler Kirche St. Michael zu teil. Josephs Haydns „Kleine Orgelsolomesse“ stand im Mittelpunkt des sonntäglichen Konzerts am 19. November 2023 – gedacht als Projekt, offen für Mitglieder anderer Chöre sowie neue Sänger und Sängerinnen. Ergänzt wurde Haydns Messe durch unterschiedliche Vertonungen des Ave Maria.
Ave Maria – Gegrüßest seist du, Maria – mit diesen Worten wendet sich Erzengel Gabriel an die Mutter Jesu, um die Geburt zu verkünden. Für die Katholiken ist dieses Gebet die wichtigste Form der Marienverehrung, wie Pfarrer Thomas Begovic einleitend erklärte. In der Vertonung von Francesco Durante findet das Gebet eine musikalische Form, bleibt aber in erster Linie ein Gebet. Dagegen spielt Camille Sant-Saëns seinen musikalischen Ideenreichtum aus, um Maria in den höchsten Tönen zu huldigen. Solistin Brigitte Häberli setzt diese Komposition in wundervolle Klänge um, die manchem Zuhörer eine Gänsehaut schenkt. Für Francesco Paolo Tosti ist das Ave Maria schließlich ein Weg, um seine Gemütswallungen auszudrücken, seine Sehnsucht nach Ruhe. Auch in diesem Solostück bildet Mechthild Kessler am Klavier mit der Sängerin eine harmonische Einheit. Einfühlsam gab Brigitte Häberli schließlich das leicht melancholische Werk des Komponisten Alexander E. Varnamov wieder.
Wenn selbst ein Papst mal das „Credo“ bei einer Krönungsmesse (von Heinrich II. im Jahr 1024) vergessen kann, dann schadet es nicht, so dachte sich wohl Pfarrer Begovic, wenn er den Konzertbesuchern den Aufbau einer Messe erläutert. Joseph Haydn hat sich auch Gedanken gemacht: Wie kann ein Komponist die gesungene Messe möglichst knapp gestalten. Das Ergebnis: Die Missa brevis Sancti Joannis de Deo, Haydns siebte von 14 Messen. Kurz, aber anspruchsvoll ist das Werk aus dem Jahr 1775. Insbesondere die Tempiwechsel erfordern von den Chormitgliedern große Aufmerksamkeit, der kräftig gewachsene Chor meisterte diese Herausforderung gut. Die professionelle Begleitung durch die Geigen von Judith Schaal und Matthias Buck, beide Württembergische Philharmonie Reutlingen, gab dem Chor ebenso Rückhalt wie das Orgelspiel von Kristina Stiegler, die an der Musikhochschule Karlsruhe studiert. Mag auch der ein oder andere Einsatz etwas zaghaft erklungen sein, so fasste der Chor doch jedes Mal Mut und erfüllte den Kirchenraum mit beeindruckendem Klangvolumen. Die Verstärkung durch Bässe aus dem evangelischen Kirchenchor Kirchentellinsfurt schenkten insbesondere dem „Credo“ einen satten Tiefgang. Dem „Benedictus“ mit seinem hervorgehobenen Orgelspiel verliehen Kristina Stiegler sowie Brigitte Häberli als Solostimme besonderen Glanz.
Wenigstens 170 Besucher bedankten sich mit begeistertem Applaus für das gelungene Konzert. Der Chor spendete als Zugabe ein „Gloria“, befreit von jeglicher Last und voller selbstbewusster Klänge. Den Schlusspunkt setzten Chor und Besucher mit einem gemeinsamen „Donna nobis pacem“ – Gib uns Frieden. Was könnte besser passen in dieser Zeit?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.