Lesenswert: „Lasst es uns in der Kirche besser machen“

Michael Steibli hat einen sehr lesenswerten Kommentar zum Beitrag „Sedisvakanz: Der Bischof ist weg und ein Neuer nicht da. Ist das gut?“ geschrieben. Seine Replik veröffentlichen wir deshalb hier als eigenständigen Beitrag. Eigentlich geht es ja um die Kirche, Reformen und die Zukunft wie er sagt. Er findet diese Diskussion sehr wichtig, aber er möchte unseren Blick auf den Kern lenken.

Von Michael Steibli

Vielen Dank an Euch, dass Ihr eine Diskussion gestartet habt über ein Thema, über das nach meinem Eindruck nicht mehr geredet wird, schon gar nicht miteinander. Die verschiedenen Seiten haben sich unversöhnlich in ihre Meinungsfestungen zurückgezogen, viele sind unzufrieden, leiden, andere sind unsicher geworden.
Ich finde es wichtig, dass wir miteinander reden. Die (politische) Diskussion in der Gesellschaft ist von Aggressivität, Vorhaltungen, Schuldzuweisungen und vor allem Egoismus geprägt. Lasst es uns in der Kirche besser machen, bei aller Meinungsverschiedenheit freundlich miteinander umgehen, die Idee zulassen, die andere Seite könnte (auch) Recht haben oder zumindest einen Standpunkt, der es verdient, respektiert zu werden.
2019 brachte die sog. „Amazonas-Synode“ u.a. zur Sprache, dass aufgrund eklatanten Priestermangels im Amazonasgebiet eine Kirche ohne Sakramente drohte. Und das schien nur seinen Schatten vorauszuwerfen auf das, was die Kirche überall auf der Welt erwarten würde. Einer der Vorschläge der Synode war die Weihe bestimmter, verheirateter Männer, sog. „viri probati“. Am Ende waren sich die Kommentatoren einig, dass der Papst diesem Vorschlag zustimmen würde. Die Überraschung, das Unverständnis und die Enttäuschung waren groß, als er es nicht tat. Keine Weihe für verheiratete Männer.
In der Diskussion, die danach folgte, hieß es, meist voller Bitterkeit, die Erzkonservativen hätten sich durchgesetzt, das „Nein“ des Papstes sei ein weiteres Zeugnis der Unreformierbarkeit der Kirche.
Nach meiner Wahrnehmung wurden jedoch die Gründe des Papstes für sein Nein nicht diskutiert, vielleicht nicht einmal wahrgenommen. Aber waren sie auch nicht egal? Denn es kommt ja nicht auf irgendwelche Gründe, sondern auf das Ziel an, endlich Reformen, endlich weg mit den feudalistischen Strukturen des Klerikalismus, weg mit der Benachteiligung von Frauen, Homosexuellen, wiederverheirateten Geschiedenen und anderen, ehrliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals usw.
So sehr ich mir wünsche, dass jedes einzelne dieser Ziele baldmöglichst erreicht würde, finde ich es doch wichtig, sich die Gründe des Papstes anzuschauen, denn sie zielen auf etwas, was den politischen Diskussionen fehlt – den Glauben.
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst;“ Mt. 22, 37-39. In der politischen Diskussion würde man sich mit so einem Aspekt lächerlich machen. Wir sollen in der Kirche aber keine politische Diskussion führen, finde ich, sondern ringen: um den eigenen Glauben, um die gute Gemeinschaft der Glaubenden, um den Weg der Kirche in der Welt in der Nachfolge Jesu Christi. Wann haben wir uns zuletzt gefragt: „was würde Jesus sagen?“ Ist das relevant? Ich finde ja. Das Zitat oben ist bekanntlich die Antwort Jesu auf die Frage eines Gesetzeslehrers nach dem wichtigsten Gebot.
Ich denke, Jesus würde nicht wollen, dass Frauen, dass überhaupt irgendwelche Menschen diskriminiert würden, Jesus hat nichts vom Zölibat gesagt oder von feudalen klerikalen Strukturen. Er würde zornig darüber werden, was Kindern in der Kirche angetan wurde und wie die Kirche darauf (nicht) reagiert hat.
Aber dann frage ich mich: Wer ist es, der so denkt? Ist es wirklich so, dass Jesus das will, was ich auch will? Und was, wenn nicht? Schließlich sagen auch die Konservativen, dass es Jesu Gebot und Wille sei, dass Frauen keine Weiheämter übernehmen sollen. Ist das überhaupt relevant, Jesu Wille?
Ich würde das gerne mit anderen diskutieren. Ich würde gerne zu einer guten Diskussion zurückfinden, die Bitterkeit überwinden.

Ein Gedanke zu „Lesenswert: „Lasst es uns in der Kirche besser machen“

  1. Lieber Michael, Danke für Deine Einfassung. Bischof hin oder her, hier werden wir noch lange Zeit mit dem strukturellen Gehabe der Kirchenleitung leben müssen. Neben großen kirchlichen
    Themen gehr es auf örtlicher Ebene möglicherweise auch um die Frage, wie wir uns als Christen der gesellschaftlichen Situation stellen. Bewegen wir uns nur noch im eigenen kirchlichen Raum, oder „mischen “ wir uns in den gesellschaftlichen Diskurs ein!?
    Wäre insofern ggf. zunächst mal ein Diskussionsforum in der Gemeinde nützlich?
    Danke an Rainer, diesen Aspekt medial herausgezogen zu haben.

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