Wort-Gottes-Feier in Wannweil

Was ist eine Wort-Gottes-Feier?

Es handelt sich dabei um eine gottesdienstliche Versammlung ohne Priester.
Für die Wort-Gottes-Feiern gilt ebenfalls die liturgische Grundordnung, wie sie im Gotteslob steht. Die Gestaltung ist daher bis zum Evangelium vom Ablauf her an die Form des Wortgottesdienstes der heiligen Messe angelehnt. Nach einem der Wort-Gottes-Feier eigenen Teil, der in einem Lobpreis endet, folgt ein dritter Teil, der mit den Fürbitten fortfährt.

Von Gerlinde Münch

Im neuen Gotteslob befindet sich der Ablauf der Wort-Gottes-Feier unter den Nummern 668 bis 671. Beim Ablauf wird zwischen einer Wort-Gottes-Feier an Sonn- oder Feiertagen und an Wochentagen unterschieden.
Die Wandlung entfällt.

In unseren drei Kirchengemeinden gibt es ausgebildete Wortgottesdienst-Helfer. In Wannweil sind das Regina Rieg und Thomas Münch, der am 17. November die Wort-Gottes-Feier zelebrierte. Die Texte sind aus einem Vorbereitungsbuch für Wort-Gottes-Feiern entnommen und können individuell verändert werden.

Hier nun die Lesung und eine kurze Auslegung aus dem Wortgottesdienst in Wannweil am
17. November 2018

Lesung aus dem Evangelium (Mk 13,24-32)

Er wird die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen

24 In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
In jenen Tagen, nach der großen Not,
wird sich die Sonne verfinstern
und der Mond wird nicht mehr scheinen;

25 die Sterne werden vom Himmel fallen
und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

26 Dann wird man den Menschensohn
mit großer Macht und Herrlichkeit
auf den Wolken kommen sehen.

27 Und er wird die Engel aussenden
und die von ihm Auserwählten
aus allen vier Windrichtungen zusammenführen,
vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

28 Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum!
Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben,
wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.

29 Genauso sollt ihr erkennen,
wenn ihr all das geschehen seht,
dass das Ende vor der Tür steht.

30 Amen, ich sage euch:
Diese Generation wird nicht vergehen,
bis das alles eintrifft.

31 Himmel und Erde werden vergehen,
aber meine Worte werden nicht vergehen.

32 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand,
auch nicht die Engel im Himmel,
nicht einmal der Sohn,
sondern nur der Vater.

Altarraum Kirche Wannweil
Eingangsbereich Kirche Wannweil
Taufstein Kirche Wannweil

Auslegung

Liebe Gemeinde,
am Ende des Kirchenjahres geht es um das Ende – nicht gleich um das Lebensende, auf das jeder von uns zu lebt, ob er will oder nicht, sondern zunächst um das Ende unserer je eigenen menschlichen Möglichkeiten. Also um solche Punkte, wo ich nichts mehr machen kann, wo mein Einfluss und meine Macht und mein Handeln nichts mehr bewirken.
Wenn es einem Menschen den Boden unter den Füßen wegzieht oder er sich in seiner Existenz gefährdet sieht oder alles auf einmal sinnlos erscheint, er selbst nicht mehr weiter weiß und erkennen muss, dass er an das Ende seiner Möglichkeiten gekommen ist, dann kann er einer Frage nicht mehr ausweichen: Wer bin ich, wenn alles, was mir bisher selbstverständlich war, erschüttert ist? Wenn mein Leben zugrunde geht, was ist dann dieser Grund, der vielleicht noch zu tragen vermag?
Nicht nur Einzelne oder Familien, sondern genauso ganze Gruppen, Gemeinschaften oder Gesellschaften werden vor solche Existenzfragen gestellt. Besonders betrifft es Minderheiten, die verfolgt und vertrieben werden, im schlimmsten Fall mit dem Ziel, sie vollkommen zu vernichten. Der Holocaust, die von den Nationalsozialisten systematisch organisierte Vernichtung der Juden, ist eines der erschreckendsten Beispiele dafür. In seiner Abgründigkeit ist es so unvorstellbar, dass Papst Franziskus bei seiner Israelreise in der Gedenkstätte Yad Vashem in einem Gebet bedenkt: „… vielleicht konnte nicht einmal [Gott,] der Vater sich einen solchen Fall, einen solchen Abgrund vorstellen!“ Doch auch heute noch sind Minderheiten auf der ganzen Welt immer wieder massiver Verfolgung ausgesetzt.
Wer also bin ich, wer sind wir, wenn alles erschüttert wird? Und wenn unser Leben zugrunde geht, was ist dann der Grund, der noch zu tragen vermag?
Auf solche alles infrage stellende Krisen hin spricht Jesus zu den Seinen. Wenn all das so Sichere und Selbstverständliche erschüttert wird, wenn ihr euch selbst, euren Glauben und eure Hoffnung infrage gestellt seht und vielleicht alles zum Verzweifeln ist, dann seid gewiss: Wenn das Alte zusammenbricht, blüht zugleich auch das Neue auf!
Jesus übersieht nicht die Not, nicht das Chaos, in dem die Menschen schlicht nur noch Schwarz sehen können. Er vertröstet auch nicht mit frommen Sprüchen: „Es wird alles nicht so schlimm“ oder „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“. Jesus führt seine Jünger zu dem Grund, der allein zu tragen vermag, er führt sie auf den Grund der Hoffnung und des Glaubens – oder anders gesagt: Er weckt und stärkt das Vertrauen in ihn selbst; denn er, Christus, wird aufgehen, „wird wiederkommen“ wie es im Evangelium heißt, als der, bei dem allein die Welt Heil und Rettung findet. Und deshalb ermutigt er seine Jünger: Was auch geschieht, „ihr werdet nicht verloren gehen, ihr könnt es euch leisten, bis zum Ende als Jesu Jünger auszuharren, denn dann werdet ihr in die Gemeinschaft mit eurem Herrn gebracht“ – wie der Theologe Meinrad Limbeck das Wort Jesu zusammenfasst.
Dafür, dass das, was hier gesagt ist, nicht einfach Theorie, frommes Gerede oder abgehobene Theologie meint, dafür soll nur einer von vielen hier angeführt werden: der Jesuitenpater Alfred Delp. Delp wurde von den Nationalsozialisten angeklagt; seine Mitgliedschaft im Kreisauer Kreis und am Widerstand gegen Hitler konnte man allerdings nicht beweisen und trotzdem wird er am 11. Januar 1945 zum Tode verurteilt. Die Machthaber des Dritten Reiches führen vier Gründe an; Delps Gedanken an eine deutsche Zukunft nach einer möglichen Niederlage der Nazis, die Unvereinbarkeit von Nationalsozialismus und Christentum, der Jesuitenorden als Gefahr und der Jesuit als grundsätzlicher Feind Deutschlands, die katholische Lehre von der sozialen Gerechtigkeit. „Wir fallen als Zeugen für diese vier Wahrheiten und Wirklichkeiten“, schreibt Delp am Ende des Tages seiner Verurteilung. Delp wusste schon vor Prozessbeginn, dass die Nazis ihn vernichten wollten. Mitten in seinem Untergang, kurz vor seiner Ermordung und Hinrichtung am 2. Februar 1945 gibt er Zeugnis von dem, was ihn inmitten des Abgrundes trägt, was Grund und Hoffnung des Glaubens ist:
„Bis jetzt hat mir der Herrgott sehr herrlich und herzlich geholfen. Ich bin noch nicht … zusammengebrochen … Manchmal kommt eine Wehmut über mich, wenn ich an das denke, was ich noch tun wollte. Denn jetzt bin ich ja erst Mensch geworden, innerlich frei und viel echter und wahrhafter, wirklicher als früher … Ich will mich auch nicht trösten mit einer billigen Herabminderung des Irdischen und des Lebens. Ehrlich und gerade: ich würde gerne noch weiterleben … Es ist anders gekommen. Gott halte mich in der Kraft, ihm und seiner Fügung und Zulassung gewachsen zu sein.“ Und einige Zeilen weiter schreibt er den oft zitierten, tröstlichen Satz: „Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit in der Welt war, hat sein Leben einen Sinn gehabt.“
Der Jesuitenpater Alfred Delp steht hier für so viele andere, an denen sich das Evangelium, das wir heute gehört haben, erfüllt hat. Auch wenn es bei ihm – nach unseren menschlichen Maßstäben im Sinne eines Weiterlebens in dieser Welt – nicht gut ausgegangen ist, so spricht aus ihm, aus seinem Leben und seinem Wort eine Hoffnung, ein Glaube, eine Ermutigung für all jene, die – wie auch immer – in eine existenzielle Krise geraten. Nämlich die Hoffnung, dass auch dann, wenn man nur das totale Lebenschaos vor Augen hat, die Botschaft des Evangeliums das Herz und die Seele noch anrühren kann, jenes Evangelium, das da spricht: Du wirst nicht verloren gehen, denn du bist in der Gemeinschaft des Herrn, du gehörst dem Herrn. Amen

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