Katholikentag vorbei – das sind die bleibenden Eindrücke

Der 101. Katholikentag in Münster endete am 13. Mai mit einem großen und feierlichen Abschlussgottesdienst auf dem Schlossplatz. Tausende von Menschen feierten begeistert mit. Chöre und Posaunen jubilierten im Wettstreit mit den Stimmen der Menschenmenge. Auch Petrus hatte ein Einsehen und bescherte einen strahlend blauen Himmel, obwohl Unwetter und schwere Regenfälle vorhergesagt waren.

Von Gerlinde Münch

Münster in Westfalen, Stadtturm

Seit vielen Jahren besuche ich Kirchentage und Katholikentage. Immer wieder nehme ich mir vor, dass es diesmal der letzte sein wird, jedoch kann ich nicht widerstehen, wenn ich höre, in welch schöner Stadt der nächste stattfindet. Bei der Anmeldung zum Katholikentag bekam ich im März meine Eintrittskarte zusammen mit einem dicken Buch (680 Seiten) zugesandt, in dem alle Veranstaltungen für die Zeit von Mittwoch bis Sonntag verzeichnet sind. Es ist so eine Fülle an Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Gottesdiensten, Konzerten, Kabarett, spirituellen Veranstaltungen und Vieles mehr, dass es sehr schwerfällt, eine Auswahl zu treffen.

In Münster begann am Mittwoch um 17 Uhr der 101. Katholikentag mit einem Empfang auf dem Domplatz. Bischof Felix Genn  und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier begrüßten die Gläubigen. Steinmeier brachte mit deutlichen Worten zum Ausdruck, wie sehr es ihn freuen würde, wenn er als Evangelischer, verheiratet mit einer Katholikin, zusammen an der Eucharistie teilnehmen dürfte und seine Frau am Abendmahl. Tosender Beifall bezeugte, dass er mit seinem Wunsch nicht alleine ist. Danach begann der Abend der Begegnung. In der gesamten Innenstadt waren Zelte aufgebaut, in denen sich die Pfarrgemeinden aus dem Bistum Münster präsentierten mit speziellen Gerichten und Getränken aus der Region.

Am Himmelfahrtstag feierten 25 000 Menschen auf dem Schlossplatz und 10 000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf dem Domplatz mit Chorgesang und Posaunenklängen Gottesdienste. Bischof Genn zitierte Papst Franziskus: „Was kann ich für den Frieden tun?“ habe dieser gefragt: „Sicher können wir beten, aber nicht nur das: Jeder kann konkret „Nein“ zu Gewalt sagen, insoweit sie von ihm oder von ihr abhängt.“

Konzert im Dom

Unter vielen anderen wunderbaren Konzerten, sei das Oratorium „PAX“, geschrieben von Roland Kunz, besonders erwähnt. Es wurde am 10. Mai (Himmelfahrt) im Dom von Münster uraufgeführt. In diesem Oratorium wurden in einer Zeit von Krieg, Flucht, Vertreibung und Hass überfluteten Gegenwart Friedens-Worte und -Gebete von Franz von Assisi vertont. Frank Zabel schrieb die wunderbare Musik für das Orchester und ließ das Thema Friede/PAX variantenreich erklingen. Mit dem Mädchen- und Knabenchor am Dom sowie dem Domchor St. Paulus und den vielen Musikern des Sinfonieorchesters Münster gelang es Roland Kunz, ein Werk zu schaffen, das mein Herz und meine Seele berührte.

Gottesdienst mit 40 Tretboten

Auf der Suche nach neuen Gottesdienstorten, lud die Katholische Junge Gemeinde zum Tretboot-Gottesdienst auf dem Aasee ein. Dazu inspiriert wurden die Jugendlichen durch Jesus Aufenthalte am See Genezareth. In jedes der Tretboote passten 4 Personen. Die Tour auf dem See hatte drei Stationen mit Lesung und Fürbitten und war, auch durch das super Sommerwetter bedingt, immer ausgebucht. Bekannt wurde der Aasee auch durch die rührende Geschichte mit dem Schwan, der sich dort in eines der Tretboote, das die Form eines Schwanes hatte, verliebte und tot unglücklich war, als es zur Überwinterung aus dem Wasser geholt wurde.

Spürnasen im Krimigottesdienst

Die Bibel gab Krimifans Rätsel auf. Der Gottesdienst begann mit der Titelmelodie vom Tatort. Das Team der Jugendkirche „Samuel“ aus Mannheim lud dazu unter dem Thema „Tatort! Suche Frieden“ in die Jugendkirche „Effata“ ein. Drei Rätsel gab es zu lösen und da war Bibelfestigkeit gefragt.
1. Rätsel: Ein König wars, der zugewandt / versprach der Frau die rechte Hand / Ein Tausch zuvor hat stattgefunden / und eine Lüge ward erfunden. (Lösung: 1 Könige 3, 16-28)
2. Rätsel: Ein Loch, ein Tier, es fällt hinein / zur falschen Zeit, wie kann das sein? Menschen gern auf Zeiten blicken / und statt gesund zu werden, weiterklicken. (Lösung: Matthäus 12,9-14)
3. Rätsel: Hier mussten vorgegebene Textfetzen richtig ergänzt und in der Kirche versteckte Puzzleteil zusammengesetzt werden.

Was die Menschen bewegt

8000 Zuhörerinnen und Zuhörer nahmen an den ersten acht zentralen Podien teil, davon 2500 zur Diskussion zwischen Bundespräsident Steinmeier und dem Politikwissenschaftler Münkler mit dem Thema „Ist Frieden möglich?“ Es ging dabei vorrangig um das Iran-Abkommen und den US-Ausstieg, der ein Risiko für Nahost bedeute. Steinmeier appellierte an die EU-Mitgliedsstaaten, „nicht all unsere Zukunftsperspektiven nur mit Blick auf die US-Regierung zu sehen und danach auszurichten.“ Er bittet darum, bis zur Wahl zum EU-Parlament konkrete Vorschläge auch zur inhaltlichen und diplomatischen Neuausrichtung zu machen. Münkler wies darauf hin, dass Amerika seine Rolle des Hüters spektakulär demoliere. Die entscheidende Frage sei derzeit: „Wer tritt an die Stelle des Hüters?“

Die Caritas setzt sich für bessere Abschiebepraxis in Deutschland ein. Caritas-Präsident Peter Neher fordert auf einem der Podien mehr Kreativität bei der Integration von Flüchtlingen.

Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos spricht über die Entwicklung in seinem Land. Er ist überzeugt davon, dass Frieden schwieriger sei, als Krieg. Trotzdem ist er optimistisch, was den schwierigen Friedensprozess in Kolumbien anbetrifft.

Umgang mit konfessionsverschiedenen Ehepaaren

Nach Meinung des Regensburger Bischofs, Rudolf Voderholzer, sollte sich der Katholikentag mit Forderungen zu Glaubensfragen zurückhalten. Insbesondere warnte er davor, jetzt aus aktuellem Anlass Druck aufzubauen in der Debatte um den Kommunionempfang für evangelische Ehepartner in konfessionsverschiedenen Ehen. Er ist einer der sieben Bischöfe, die den Vatikan um die Klärung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Deutschen Bischofskonferenz zu diesem Thema gebeten hat.

 

Mehr Laien einbeziehen

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Wie die Kirche wachsen kann“, an der unter anderen Bischof  Dr. Ulrich Neymeyer (Erfurt) und Pfarrer Thomas Frings (Buch: Aus, Amen, Ende!? – wir haben darüber schon auf unserer Homepage berichtet) teilnahmen,  ging es sehr kontrovers zu. Pfarrer Frings appellierte dafür, Ressourcen umzuverteilen. Er ist für pastorales experimentieren, Kirchenferne durch mehr Spiritualität zu berühren, die Verwaltung in den Gemeinden und Diözesen zu verringern und sich mehr den Menschen wieder zuzuwenden. Für ihn scheint es an der Zeit, die Rolle der Hauptamtlichen zu überdenken und mehr Laien einzubeziehen.

Die Kirche und die Frauen

Bischof Neymeyer  sprach in einem Bibelimpuls  über die Aussendung der Apostel und 72 Anderen durch Jesus. Die Anderen waren Menschen querbeet und es ist anzunehmen, dass auch Frauen darunter waren. Da blieb es nicht aus, dass das Frauendiakonat und zu wenig Frauen in Führungspositionen in der kath. Kirche zur Sprache kamen. Für Bischof Neymeyer scheint die Rolle der Frau in der Kirche klar zu sein, sprach er doch den Satz: „Jesus konnte sich entscheiden, ob er als Mann oder Frau auf die Welt komme.“ Wollte er damit sagen, dass deshalb in der katholischen Kirche nur Männer in geweihte Ämter können? Dieser Ausspruch löste im vollbesetzten Saal beinahe einen Tumult aus, besonders bei den anwesenden Frauen. Als Ohrfeige musste dies die evangelische Professorin, Frau Dr. Martina Böhm empfinden, die als Neutestamentlerin an der Hochschule in Hamburg unterrichtet und ebenfalls in der Podiumsrunde saß.

Kabarettist Hirschhausen muckt auf

Hirschhausen mokierte sich über die überall in Münster aufgehängten Werbe-Plakate „Priester werden ohne Abitur“. Er wünsche sich auch Frauen als katholische Priesterinnen. An den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gewandt meinte er: „Sie weihen lieber Männer ohne Abitur zum Priester, als sich für gut qualifizierte Frauen zu öffnen.“ Engagiert rief er kirchliche Träger dazu auf, die zunehmende Ökonomisierung in der Pflege nicht mitzumachen.
Außerdem sagte er, er wolle die Oblate. Es sei für ihn unverständlich, warum er als Protestant nicht mit seiner katholischen Frau an der Eucharistiefeier teilnehmen dürfe. Schließlich verdiene er ganz gut und sei wegen seiner katholischen Frau  einer der größeren Sponsoren der katholischen Kirche.

Fazit

Mit diesem Beitrag konnte ich Ihnen nur einen kleinen Einblick in die Vielfalt der Veranstaltungen geben. Die Stadt Münster hat den Katholikentagsbesucherinnen und -Besuchern eine unvergessliche Zeit geschenkt.  Angefüllt mit vielen Eindrücken, Ideen und Dankbarkeit für die vielen wertvollen Begegnungen, harre ich nun aus, bis es zum Kirchentag nach Dortmund, im Juni 2019, geht. Und wer will, kann sich auch schon den nächsten ökumenischen Kirchentag vom 12. – 16. Mai 2021 in Frankfurt vormerken.

Ein Gedanke zu „Katholikentag vorbei – das sind die bleibenden Eindrücke

  1. Liebe Frau Münch,
    vielen Dank für den umfassenden Bericht und Ihre bleibenden Eindrücke. Sie haben eine gute Programmauswahl getroffen und wir haben viel mehr erfahren, als sonst aus den Medien zu hören und zu lesen war.

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